Acht Jahre Haft für Grasser
„Sie sehen mich traurig und schockiert“, sagt der Ex-Finanzminister.
Wien Drei Jahre Prozess und noch längere Ermittlungen mündeten am Freitag in ein strenges Urteil. Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser wurde zu acht Jahren Haft verurteilt, Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger zu sieben und Lobbyist Peter Hochegger zu sechs Jahren. Diese kündigten umgehend Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an. Alle Urteile sind nicht rechtskräftig.
Richterin Marion Hohenecker ließ als Vorsitzende des Schöffensenats in ihrer Urteilsverkündung keine Zweifel zu. Es gebe erdrückende Beweise für die Schuld der Angeklagten, es könne überhaupt niemand anderer als Grasser die Information an Meischberger gegeben haben, wie viel Geld die CA Immo für den Kauf der Bundeswohnungen zahlen wollte. Es sei auch klar bewiesen, dass Geld auf einem Konto in Liechtenstein, das Meischberger als sein eigenes bezeichnet, doch Grasser gehöre. Und dass seine Schwiegermutter Grasser 500.000 Euro zur probeweisen Veranlagung gegeben hätte, sei abwegig. „Wer redlich wirtschaftet, benötigt keine Konten in Liechtenstein“, so die Richterin.
Ganz anders Grasser, der nach dem Urteil vor Medien sagte, er sei „traurig, schockiert und erschrocken“, da er mit einem Freispruch gerechnet habe. Aus seiner Sicht haben ihn bei der Hauptverhandlung 150 Zeugen entlastet, wenn das nicht berücksichtigt werde, dann stelle sich die Frage, wozu die dreijährige Hauptverhandlung überhaupt geführt wurde. „Ich weiß, dass ich unschuldig bin“, sagt Grasser. Seine Anwälte wollen Nichtigkeitsbeschwerde einlegen und den Verfassungsgerichtshof prüfen lassen, ob die Richterin befangen war. Meischbergers Anwalt kündigte ebenfalls Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an. Der Ex-FPÖ-Generalsekretär verließ nach Verkündung des Strafmaßes vorzeitig den Gerichtssaal. Hochegger nahm das Urteil nach außen hin gelassen: „Ich nehme die Geschehnisse des Lebens so wie sie sind.“ Doch auch er geht in Berufung.
Chronologie Korruptionsermittlungen ab 2009
Februar 2000 – Karlheinz Grasser (damals FPÖ) wird Finanzminister.
Juli 2000 – Der FPÖ-nahe Immobilienmakler Ernst Karl Plech wird Aufsichtsratspräsident der Buwog
September 2000 – Grasser kündigt Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen an
Juni 2004 – Ein „Austro-Konsortium“ (Raiffeisen OÖ, Immofinanz, Wiener Städtische/VIG, OÖ Landesbank, OÖ Versicherung) kauft die Bundeswohnbaugesellschaften um 961 Mill. Euro. Die unterlegene CA Immo bot 960 Mill. an.
2006 – Grasser genehmigt den Einzug der Finanzbehörde in das Linzer Bürohaus Terminal Tower
Jänner 2007 – Grasser beendet seine zweite Amtszeit als Finanzminister
September 2009 – Medien berichten von 9,6 Mill. Euro Erfolgshonorar an Peter Hochegger bei der Buwog-Privatisierung. Walter Meischberger und Hochegger erstatten Selbstanzeige, weil sie das Geld nicht versteuert hatten.
Oktober 2009 – Gabriela Moser (Grüne) zeigt Hochegger, Meischberger, Grasser und Plech bei der Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts an.
Jänner 2010 – Medienberichte zu Korruptionsverdacht gegen Grasser bei der Einmietung der Finanzbehörde in den Linzer Terminal Tower. 200.000 Euro flossen an Meischberger und Hochegger.
September 2010 – Erste Einvernahme Grassers bei der Staatsanwaltschaft zum Thema Buwog
Mai 2011 – Hausdurchsuchungen bei Grasser
Jänner 2013 – Nach über eineinhalbjährigem Rechtsstreit werden die in Liechtenstein bei einem Treuhänder Grassers beschlagnahmte Akten an die Wiener Staatsanwaltschaft übergeben
Jänner 2014 – Nach über zweijähriger Wartezeit werden hunderte Kontoauszüge aus der Schweiz an die Wiener Korruptions-Staatsanwaltschaft geliefert
November 2015 – Das OLG Wien stellt mit Verzögerung fest, dass bei Meischbergers Anwalt sichergestellte Akten genützt werden dürfen
Juli 2016 – Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Grasser, Meischberger, Hochegger, Plech und weitere wegen Korruptionsverdachts bei Buwog-Privatisierung und Terminal Tower.
April 2017 – Die über 800 Seiten umfassende Anklage ist rechtskräftig.
Dezember 2017 – Prozessbeginn