Erst Festnahme, dann Freispruch

Finanzierungsexperte (61) von der Anklage des Millionenbetrugs freigesprochen.
Feldkirch „Sie sind festgenommen.“ Das sind deutliche Worte und die ersten, die der 61-jährige Angeklagte bei seinem Eintreffen zum Prozess am Landesgericht Feldkirch hört. Die Polizei erwartet ihn bereits, der Staatsanwalt hat seine Festnahme angeordnet.
Der Beschuldigte trägt den Doktortitel, ist Jurist und bezeichnet sich als „Strukturierer von Finanzierungen von Großunternehmen“. Dem Österreicher mit Hauptwohnsitz in der Schweiz wird vorgeworfen, einen deutschen Industriellen und Inhaber einer Stiftung um eine Million Euro betrogen zu haben.
Eine zündende Idee
Konkret: Der deutsche Unternehmer wollte eine eigene Abfall-Entsorgungsanlage abstoßen. Weil sie nicht funktionierte und sich stattdessen die Müllberge türmten. Irgendwie kam dann der Kontakt mit dem Österreicher zustande. Der hatte eine zündende Idee. Er kannte einen Erfinder und Patentträger eines Verfahrens, mit dem Plastikmüll verbrannt und nach dem Verdampfen in Kraftstoff umgewandelt werden kann.
Das klang verlockend, der Deutsche biss an. Ein erstes Anbahnungsgespräch zum Geschäft fand in der Autobahnraststätte Hohenems statt. Das ist auch der Grund dafür, weshalb das Gerichtsverfahren in Feldkirch durchgeführt wird.
Um das Projekt mit einer „Anschubfinanzierung“ in Angriff nehmen zu können, wurde dem österreichischen Partner von der Stiftung ein Darlehen in der Höhe von einer Million Euro gewährt. Mit dem Großteil des Geldes erwarb der Angeklagte allerdings für sich selbst ein privates Haus und Grundstück in Osttirol. Deshalb die Anklage wegen schweren Betruges.
Wieder enthaftet
Verteidiger Franz Josef Giesinger gelingt es zu Beginn der Verhandlung, die Enthaftung seines Mandanten durchzusetzen. Es herrsche keine Fluchtgefahr und der Angeklagte sei unbescholten.
Der 61-Jährige selbst bekennt sich gegenüber Richter Thomas Wallnöfer als nicht schuldig: „Es lag bei mir finanziell im Argen. Ich stand unter dem Druck von Investoren und auch familiärem Druck. Meine deutschen Partner wussten, dass ich das Geld auch für private Zwecke brauchte. Deshalb wurde im Vertrag auch nie aufgeschlüsselt, wozu ich das Darlehen verwende.“
„Wertpapierleihen“
Immerhin habe er mehr als 100.000 Euro aus dem Darlehen dazu verwendet, um über einen Schweizer Refinanzierungspartner sogenannte Wertpapierleihen in Millionenhöhe als Sicherheitsgarantie für die Darlehensrückzahlung anzukaufen. „Denn ich war davon überzeugt, dass das Projekt gelingt. Doch danach stellte sich heraus, dass diese Wertpapiere wegen eines fragwürdigen Konstrukts auf elektronischem Wege schlussendlich nicht auf die Refinanzierungsbank übertragbar waren. Da wusste ich, dass beschissen worden bin“, sagt der Angeklagte.
Das Projekt scheiterte auch deshalb, weil der Erfinder des Recyclingverfahrens plötzlich ins Koma fiel und verstarb.
Der 61-Jährige konnte den Schöffensenat mit Hilfe von Rechtsanwalt Giesinger schließlich davon überzeugen, dass er damals mit keinerlei kriminellem Schädigungsvorsatz gehandelt hatte. Richter Wallnöfer verkündete den Freispruch.