Religiöser Extremismus im Visier

Vorarlberg / 17.12.2020 • 07:15 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Alma Zadic, Karl Nehammer und Susanne Raab präsentierten einige Gesetzesänderungen. <span class="copyright">APA</span>
Alma Zadic, Karl Nehammer und Susanne Raab präsentierten einige Gesetzesänderungen. APA

Bundesregierung schafft neuen Straftatbestand. Auch das Identitären-Symbol wird verboten.

Wien, Luzern Nach dem Terroranschlag am 2. November in Wien ging es schnell. Zwar arbeitet eine Kommission im Innenministerium mögliche Versäumnisse vor dem Anschlag erst auf, die türkis-grüne Bundesregierung kündigte jedoch rasch Verschärfungen an. So sollten ehemalige verurteilte Dschihadisten nach Verbüßung ihrer Haftstrafe festgehalten werden dürfen, außerdem sollte der politische Islam verboten werden. Am Mittwoch wurde die Bundesregierung etwas konkreter. Sie beschloss einen ersten Teil eines Antiterrorpakets. Was darin fehlt: die Möglichkeit der verlängerten Haft sowie ein Verbot des politischen Islams. Stattdessen wird ein Strafbestand “religiös motivierte extremistische Verbindung” geschaffen und das Symbol der Identitären verboten.

Die religionsneutrale Strafbestimmung gegen religiös motivierte extremistische Vereinigungen soll eine wirksame Terrorbekämpfung garantieren, ohne die Grundrechte außer Acht zu lassen, betonte Justizministerin Alma Zadic. “Wir wollen unsere Freiheit nicht zugunsten der Sicherheit aufgeben.” Es sei ihr als Justizministerin besonders wichtig, dass die Formulierung dem verfassungsrechtlichen Rahmen entspricht. Geplant ist auch die Möglichkeit, wegen terroristischer Straftaten verurteilte Personen nach der Entlassung aus der Haft elektronisch zu überwachen, erklärte Innenminister Karl Nehammer.

Integrationsministerin Susanne Raab sprach im Zusammenhang mit dem Straftatbestand von einem Mittel zum Kampf gegen den politischen Islam, was sie auch in der Sendung “Vorarlberg live” auf VN.at betonte. Bei Doppelstaatsbürgerschaften soll es leichter zur Aberkennung kommen. Zudem will man extremistische Vereine und Moscheen bei Terrorismuspropaganda schneller schließen.

Kritik von Experten

Dass sich die Bundesregierung in ihren ersten Aktionen den Muslimbrüdern und dem politischen Islam widmete, sorgte auch für Kritik. Islamismusexperte Johannes Saal von der Universität Luzern betont im VN-Podcast: “Die Muslimbrüder stellen meiner Meinung nach keine Gefahr für die nationale Sicherheit von europäischen Staaten dar.” Anders sei es im Nahen Osten, aber in Europa gehe keine Anschlagsgefahr von ihnen aus. “Ich glaube dass das Problem der Muslimbrüder und des sogenannten politischen Islams gesellschaftlich angegangen werden muss”, fährt er fort. Den Begriff des politischen Islams hälft er grundsätzlich für problematisch, er sei aber gespannt, wie die Kriminalisierung vonstatten gehen könnte. Wie sich nun zeigt, plant die Bundesregierung, alle religiös motivierten extremistischen Vereinigungen unter Strafe zu stellen. Das Gesetz geht am Freitag für sechs Wochen in Begutachtung. Ein weiteres Gesetzespaket, unter anderem mit der verlängerten Haftmöglichkeit, soll im Frühjahr folgen.

Saal befürchtet, dass es sich bei der Ankündigung kurz nach dem Anschlag um voreiligen Aktionismus handle. Schließlich gelte es zunächst, die Verantwortung zu klären. Dass es in Österreich zu einem Anschlag gekommen ist, sei jedenfalls nicht überraschend. Einerseits sei kein westliches Land zu 100 Prozent sicher. Andererseits sei das Problem der Radikalisierung in Österreich besonders stark, ähnlich wie in Belgien.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Sonstige angezeigt.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.