Desertiert, begnadigt, gefallen

Guido Brunner starb als italienischer Soldat im 1. Weltkrieg.
Hohenems Die VN-Heimat blickt in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems zurück auf das Leben von Guido Brunner, der im Alter von nur 23 Jahren in der Schlacht um Monte Fior fiel. Während sein Leichnam nicht gefunden wurde, kehrte sein Pferd „Trieste“ nach der Schlacht auf das Landgut der Familie Brunner zurück.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die habsburgische Mittelmeermetropole Triest rasant. Anteil daran hatten nicht zuletzt auch einige Kaufleute aus Hohenems, die ihren Beruf entweder als Handelsreisende oder direkt in der Hafenstadt ausübten. Zu ihnen zählten auch mehrere Vertreter der Familie Brunner, die Anfang der 1830er-Jahre dauerhaft ausgewandert waren und ein Wirtschaftsimperium begründet hatten. Aus der Linie des 1822 noch in Hohenems geborenen Hirsch Carl Brunner, der bald nur mehr als Carlo auftreten sollte, entstammte Rodolfo Brunner. Der älteste Sohn der kinderreichen Familie hielt Anteile an Industrieunternehmen, hatte Leitungsfunktionen inne und spezialisierte sich auf die Modernisierung der Landwirtschaft. Außerdem war der Anhänger der Habsburgermonarchie seit 1888 mit Gina Segrè verheiratet, die sich ihrerseits für die Angliederung Triests an Italien aussprach. In diese politisch gegensätzliche Familie wurde Guido Brunner 1893 geboren.
Erster Weltkrieg
Guido, der eigentlich Rechtswissenschaften in Bologna studieren wollte, war, wie seine Mutter, Anhänger des italienischen Irredentismus. Der Einberufung zur österreichisch-ungarischen Armee an die Karpatenfront widersetzte er sich rasch und schloss sich noch im März 1915 den italienischen Truppen an. Nachdem zwei Monate später Italien in den Krieg eingetreten war, geriet Guido bald in österreichische Gefangenschaft.
Als Deserteur wurde er zunächst zum Tode verurteilt, später aber nach Interventionen seines Vaters von Kaiser Franz Joseph begnadigt. Er kehrte zu seiner Familie, die ihn von einem Kriegseinsatz für Italien abzuhalten versuchte, auf den Landsitz in Forcoli zurück. Bald darauf floh er aber und trat erneut in die italienische Armee ein. Auf seinem Pferd „Trieste“ ritt er im Jahr darauf in die Schlacht von Monte Fior, bei der er ums Leben kommen sollte. Der Tod des ältesten Sohnes sorgte dafür, dass seine Eltern kaum mehr ein Wort miteinander wechselten.
Erinnerung und Ausstellung
Über Guido sprachen dafür andere. So wurden ihm nach seinem Ableben sowohl Tapferkeitsmedaille wie Ehrendoktorwürde verliehen, auch eine Straße in Triest, eine Kaserne im Stadtteil Opicina und eine Schutzhütte in den Julischen Alpen wurden nach ihm benannt. In der Familie blieb er neben Fotos und Briefen vor allem durch ein besonderes Dekorationsstück in Erinnerung. Rund hundert Jahre später ist der präparierte Huf seines Pferdes, auf dessen Metallkappe auch seines „padrone“ gedacht wird, nun im Jüdischen Museum Hohenems zu sehen. Das Pferd wurde am 8. Dezember 1918 in Forcoli begraben.
Ebenfalls seit dem 8. Dezember ist die Ausstellung „Die letzten Europäer“ wieder geöffnet, in welcher ein Teil des umfangreichen Nachlasses von Guidos Neffen Carlo Alberto Brunner besichtigt werden kann. RAE
