Auf Corona folgen die Depressionen als nächste Krise

Der Primar der Maria Ebene, Philipp Kloimstein, warnt vor den Folgen der Dauerkrise.
Schwarzach Gerade das Weihnachtsfest zwischen den beiden Lockdowns setze viele Menschen unter Druck, weiß der neue Primar der Stiftung Maria Ebene, Philipp Kloimstein. „Der erste Lockdown hat ganz klar gezeigt, dass es im Suchtbereich zum Anstieg gekommen ist“, warnt er, vor allem beim Alkohol. Dieser Anstieg sei nach dem Lockdown außerdem konstant geblieben, also nicht wieder zurückgegangen ist. Die Suchtgefahr beim Alkohol komme dann, wenn er anfange eine Funktion zu erfüllen. „Das heißt, ich trinke, weil ich nicht mehr schlafen kann, weil ich Sorgen habe“, erklärt der Medziner.
Die geschlossenen Grenzen hätten bei den illegalen Substanzen zu Engpässen geführt – und viele zur Behandlung geführt. Die Zahl der Patienten ist in den letzten Monaten um zehn Prozent angestiegen. Und durch die Lockdown sei im Familienkreis der Drogenkonsum der Angehörigen erst aufgefallen und thematisiert worden.
Depressionen und Konflikte
Bei den Depressionen bemerke man ebenso Zunahmen – vor allem falle er bei Alleinerziehenden oder den Mitarbeitern des Gesundheitsbereich auf. Hinzu kommt oft die Einsamkeit. „Wir wissen, Einsamkeit ist genauso schlimm wie eine Packung Zigaretten am Tag“, warnt Kloimstein. Gerade ältere Menschen hätten Probleme, den Anschluss zu finden. Diese Krise müsse man mit einem neuen Wir-Begriff überwinden, wirbt der Primar.
In schwerer getroffenen Ländern zeigen sich bereits dramatische Folgen. Spanien und Griechenland hatten in den vergangenen Jahren einen starken Sparzwang, auch im Gesundheitsbereich. Diese zusätzliche Belastung führe nicht zuletzt zu mehr Suiziden. „Die wahre Krise kommt erst“, verdeutlicht Kloimstein den Blick der Psychiater auf die Pandemie. Der Blick auf die Vergangenheit, allein schon auf die Finanzkrisen von 2008 und 1929, zeigen die Ausmaße einer drohenden psychologischen Krise. Im deutschsprachigen Ländern sei man sich dessen weniger bewusst, da man von der Finanzkrise 2008 relativ verschont blieb. Die Forschung zeige, dass allein schon die Sorge vor Arbeitslosigkeit schwerere psychologische Folgen für die Menschen habe als die tatsächliche Arbeitslosigkeit.
Kommunikation
In der Kommunikation sieht der Mediziner eine Gradwanderung zwischen dem Wunsch nach Klarheit und nach Autonomie. Der Mensch werde durch die Isolation schwer gestraft, nicht zuletzt durch die Ungleichgewichtung von Arbeit und Freizeit. „Botschaften sind immer nur die halbe Wahrheit“, die Spaltung der Bevölkerung habe sich schon vor Corona gezeigt. Wer die ganze Moral für sich beansprucht, lasse dem anderen nur die Unmoral. Das verschärfe Konflikte und vernichte die Gesprächsbasis zur Konfliktlösung.