Britische Mutation mit unklaren Folgen

Noch viele offene Fragen. Drosten: „Nicht aus der Ruhe bringen lassen.“
london Eine neue Variante des Coronavirus in England sorgt europaweit für Unruhe. Mehrere Staaten haben ein Landeverbot für Flugzeuge aus Großbritannien beschlossen – auch Österreich. An einigen Flughäfen strandeten Passagiere aus dem Vereinigten Königreich. Ersten Erkenntnissen zufolge hat die Mutation eine um 70 Prozent höhere Ansteckungsrate. Noch sind aber viele Fragen ungeklärt.
In Österreich ist die neue Variante laut Gesundheitsministerium bisher noch nicht aufgetaucht. In Deutschland dürfte es sie wohl bereits geben, meint der Berliner Virologe Christian Drosten. „Es ist schon in Italien, in Holland, in Belgien, in Dänemark, sogar in Australien, warum sollte es nicht in Deutschland sein?“, so der Forscher im Deutschlandfunk. „Davon darf man sich jetzt auch wirklich nicht irgendwie aus der Ruhe bringen lassen.“ Er wolle allerdings auch nicht verharmlosen. Ob die Virusvariante tatsächlich deutlich ansteckender sei, lasse sich noch gar nicht bewerten. Dazu müssten weitere Informationen abgewartet werden. Auch der Experte für öffentliche Gesundheit Armin Fidler kann noch keine sicheren Schlüsse ziehen. Dazu sei noch zu wenig über die Mutation bekannt. „Sollte es aber tatsächlich eine um 70 Prozent höhere Infektiosität geben, erhöht sich die Reproduktionszahl, also wie viele Personen ein anderer Mensch ansteckt. Und das könnte Einfluss auf die Impfung haben“, erklärt Fidler. Dann sei eine höhere Durchimpfungsrate notwendig, um Herdenimmunität zu erreichen. Bei den hochinfektiösen Masern liege diese beispielsweise bei 95 Prozent. Bei Covid-19 gehen die Experten bisher von einem Anteil von 60 Prozent der Bevölkerung aus, der immun sein muss, damit sich das Virus nicht weiterverbreiten kann.
Gleichzeitig gebe es aber auch Stimmen, die darauf hinweisen, dass das verstärkte Infektionsgeschehen in London und Südengland möglicherweise nicht auf die Mutation, sondern auf das Zusammenspiel anderer Faktoren wie die vorhandenen Strukturen oder das Verhalten der Menschen zurückgehe, sagt der Experte. „Man weiß einfach noch zu wenig darüber.“
Viele Virenstämme
Fidler zufolge gibt es keine Hinweise auf schwerere Verläufe. Auch die Impfung dürfte wahrscheinlich genauso wirksam sein. „Es ist nicht die erste Mutation, die wir gesehen haben. Es gibt viele Virenstämme von Covid-19. Sie haben bisher keinen Einfluss auf den klinischen Verlauf und die Bildung neutralisierender Antikörper gehabt. Es ist zu hoffen, dass das auch für die neue Mutation gilt.“ VN-RAM