Familienzuwachs auf Zeit

Judith und Elmar sind Krisenpflegeeltern aus tiefster Überzeugung.
Bregenz Judith und Elmar sind Eltern von achtjährigen Zwillingen. Das klingt nach genug zu tun und viel Leben im Haus. Trotzdem hat sich das Ehepaar entschlossen, als Krisenpflegefamilie auch anderen Kindern einen wenigstens vorübergehend sicheren Hafen zu bieten. „Anliegen war es, auf diese Weise einen positiven Beitrag für die Gesellschaft zu leisten“, begründen Judith und Elmar ihr Engagement. Nach Informationsgesprächen mit den Fachpersonen des Vorarlberger Kinderdorfs war für beide die Sache klar. „Aufgrund unserer beruflichen Erfahrungen sowie der familiären Rahmenbedingungen fühlten wir uns sehr zu dieser Aufgabe hingezogen“, erzählt Judith, die als integrative Heilpädagogin tätig ist. Auch die Zwillinge haben den Eltern zufolge die Idee, mit anderen Kindern das Glück zu teilen, sofort gut gefunden. „Sie sind stolz auf unser neues Familienleben mit Krisenpflegekindern“, merken Judith und Elmar zufrieden an.
„Gute Vorbereitung“
Aktuell betreuen die privaten Krisenpflegefamilien des Vorarlberger Kinderdorfs sechs Kleinkinder im Alter von sechs Wochen bis vier Jahren. Claudia Hinteregger-Thoma, Leiterin dieses Fachbereichs, begleitet seit 20 Jahren die Krisenpflegefamilien und bezeichnet sie als Garant dafür, dass Babys und Kleinkinder ihren Bedürfnissen entsprechende Betreuung und liebevolle Zuwendung in einem familiären Rahmen erhalten. „Dazu gibt es aus unserer Sicht keine Alternative“, betont sie.
Auf ihr Dasein als Krisenpflegeeltern werden Interessenten gut instruiert. Judith und Elmar haben jedoch nicht nur mit den Verantwortlichen des Vorarlberger Kinderdorfs ausführliche Gespräche geführt, sondern auch innerhalb der Familie und unter Freunden. Der Austausch mit anderen Krisenpflegeeltern hat sie in ihrem Ansinnen ebenfalls bestärkt. „Alles zusammen war für uns eine gute Vorbereitung“, bestätigt Judith. Das Familienleben will dennoch organisiert sein. „Jeder Neuzugang bringt individuelle Veränderungen“, räumt die Mutter ein. Persönliche Bedürfnisse, Besuchskontakte mit der Herkunftsfamilie, Kindergarten- oder Arztbesuche würden sich aber gut integrieren lassen. Urlaube, Neuanschaffungen und Feste würden hingegen nun eben mit dem Hintergedanken „Was wäre, wenn?“ geplant.
Der Trennung bewusst
Als Einschränkung empfinden sie das nicht. Im Gegenteil. „Kommt ein Anruf, freuen wir uns einfach darauf, dieses Kind aufzufangen und es kennenzulernen“, beschreiben Judith und Elmar ihre Empfindungen. Dann wird alles für den Familienzuwachs auf Zeit vorbereitet. Das geht inzwischen schnell. Ob kurzer oder langer Aufenthalt: „Wir verbringen mit jedem Kind eine tolle und unvergessliche Zeit.“ Dass es die Kinder nach einigen Monaten wieder gehenlassen muss, ist dem Ehepaar bewusst. „Wir sind auf die Trennung vorbereitet. Nur so können wir Liebe, Zuneigung und Nähe ohne Rücksicht auf Verluste geben“, lautet die einfache Erklärung.
Judith und Elmar sind Krisenpflegeeltern aus Überzeugung, aber: Wir wissen, dass wir nicht die Welt retten können und wohl auch nicht alle Kinder, die wir in Obhut nehmen. Doch wir sind sicher, dass sie in unserer Familie das schöpfen können, was sie zu dieser Zeit und für ihren weiteren Weg brauchen.“ Unerlässlich sei jedoch eine gute Vorbereitung auf diese schöne, aber herausfordernde Aufgabe. VN-MM
Private Krisenpflege Vorarlberger Kinderdorf, Tel. 0650/4992040, E-Mail:
krisenpflege@voki.at