Nach dem Joggen auf die Intensivstation
Bludenz, St. Margrethen „Ich schicke Ihnen ein Foto aus besseren Tagen“, sagt Stefan Kainz. Der wochenlange harte Kampf gegen Covid-19 hat sichtbare Spuren hinterlassen. Das Haar ist schütterer geworden, die Silhouette schmaler. Seit Mitte Oktober laboriert der 45-jährige Internist und Notarzt an den Folgen einer Coronavirusinfektion. Doch es war nicht so sehr die Lunge, die in Mitleidenschaft gezogen wurde. Bei Stefan Kainz verursachte Covid-19 eine schwere Herzmuskelentzündung. In einer Reha-Klinik in Ascona versucht er nun, auf die Beine und zurück in den Alltag zu kommen, denn sein größter Wunsch für das neue Jahr ist es, so schnell wie möglich wieder für seine Patienten da sein zu können. Kainz hat sich auch bereits in die Impfliste der Ärztekammer eingetragen: „Impfen ist die einzige Lösung für diese Pandemie“, gibt er sich überzeugt.
In schlechter Verfassung
Mit seiner Geschichte will Stefan Kainz darauf aufmerksam machen, dass Covid-19 längst nicht mehr nur alte Menschen heimsucht. „Es trifft auch jüngere und sportliche Personen ohne Vorerkrankungen“, verdeutlicht er an seinem Beispiel und spricht von riesigen Einschnitten in das familiäre und berufliche Leben. Kainz, der als Notarzt in Bludenz tätig ist und eine Praxis in St. Margrethen führt, erwischte es am 15. Oktober 2020. Morgens war er noch mit seiner Partnerin Sandra joggen, abends plagten ihn plötzlich Schüttelfrost, hohes Fieber und Schmerzen am ganzen Körper. An Covid habe er da aufgrund der Symptomatik noch nicht gedacht, auch weil ein erster Test negativ ausgefallen war. Stefan Kainz legt sich mit dem Gedanken ins Bett: „Es wird schon gut.“
Doch nichts wurde gut. Brustschmerzen beförderten ihn notfallmäßig in das Kantonsspital St. Gallen. Diagnose: Herzmuskelentzündung. Dann kamen noch Riech- und Geschmacksstörungen sowie eine tiefe Müdigkeit dazu. Jetzt zeigte der Coronatest ein positives Ergebnis. Es folgten 10 Tage auf der Intensivstation. Nachdem sich das Herz stabilisiert hatte, durfte Stefan Kainz die Quarantäne in häuslicher Pflege ableisten. „Da habe ich erst gemerkt, in welch schlechter Verfassung ich war“, erinnert sich der gebürtige Südtiroler, der seinen Turnus im LKH Bludenz machte und dann beim dortigen Notarztteam hängen blieb.
Von starker Übelkeit geplagt
Corona machte allem einen Strich durch die Rechnung. Stefan Kainz wollte nur noch schlafen, nichts als schlafen. Zusätzlich machte ihm eine starke Übelkeit zu schaffen. Als Ursache stellte sich eine virusbedingte Nervenschädigung im Magen-Darm-Trakt heraus. „Gott sei Dank beruhigt es sich jetzt langsam“, atmet Kainz auf. An Arbeit war allerdings nicht zu denken. Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen ließen keine sichere Patientenversorgung zu. In sechs Monaten hat er seine Abschlussuntersuchung. Er hofft, ohne Schaden davonzukommen. Noch sehnlicher wartet der schwer gebeutelte Covidpatient auf die Möglichkeit zur Impfung. Kainz bedauert die geringe Impfbereitschaft. „Die Impfstoff-Zulassung erfolgte durch viele Experten. Ich habe vollstes Vertrauen in diese Menschen“, bekräftigt Stefan Kainz. VN-MM