„Donald Trump hat sein Erbe massiv beschädigt“

Was in Washington passiert ist, überschreite jede rote Linie, sagt Österreichs Botschafter Weiss.
Wien US-Präsident Donald Trump trage eine Teilschuld an den Vorkommnissen in Washington, sagt Martin Weiss, österreichischer Botschafter in Washington. „Wenn man laufend eskaliert, hat das irgendwann einmal Konsequenzen“, sagt er im VN-Gespräch.
Was haben Sie sich gedacht, als Sie zum ersten Mal von einer möglichen Besetzung des Kapitols durch Trump-Anhänger hörten?
Weiss Dass es einen Demonstrationsmarsch durch Washington geben wird, war zwar angekündigt, aber dass es zu einem gewaltsamen Eindringen kommt, hat mich überrascht. Das ist eine ganz andere Dimension.
„Ich weiß, dass ihr verletzt seid. Uns wurde die Wahl gestohlen“, sagte Trump während des Aufstands. Ist es das Erbe Trumps, Öl ins Feuer zu gießen?
Weiss Trump hat sein Erbe hier massiv beschädigt. Denn was in Washington passiert ist, überschreitet jede rote Linie in jeder Demokratie. Man kann über vieles diskutieren, seine Stimme erheben, aber sicher nicht mit Gewalt in ein Parlament eindringen und Leute bedrohen. Dass Donald Trump an diesen Vorkommnissen eine Teilschuld trägt, ist völlig klar.
Wie ordnen Sie die Geschehnisse ein?
Weiss Wenn man laufend eskaliert, eine Sprache der Eskalation wählt, Dinge immer wieder anstachelt und zuspitzt, dann hat das irgendwann einmal Konsequenzen. Sowas passiert nicht von einem Tag auf den anderen. Dafür wurde der Boden in den vergangenen Jahren aufbereitet.
Welche Rolle wird der gewählte Präsident Joe Biden nun spielen?
Weiss Für Joe Biden wird es sicher schwierig. Die Emotionen sind da und die kann man nicht so einfach in den Griff bekommen. Aber er ist der perfekte Präsident, um in dieser Phase in neue Fahrwasser zu kommen. Joe Biden ist jemand, der es im Lauf seiner Karriere immer geschafft hat, auf seine politischen Gegner zuzugehen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Welche Lehren müssen wir aus diesem Angriff auf das Kapitol ziehen?
Weiss Eine Lehre ist, dass Worte Konsequenzen haben. Es ist nicht egal, was man sagt, auch nicht, was man über den politischen Gegner sagt. Wenn man dauernd ins Feuer bläst, braucht man sich nicht wundern, dass die Flammen hochschlagen. Es ist ein Appell an uns alle, die Rhetorik zurückzuschrauben. Inhaltliche Auseinandersetzungen sind gut. Aber wenn es um die Grundwerte der Demokratie geht, muss man auf die Sprache achten.
Wird Donald Trump das Wahlergebnis jemals als rechtens anerkennen?
Weiss Das kann ich mir schwer vorstellen. VN-ebi