„Die Uhr tickt“

Veranstalter planen trotz Ungewissheit für den Festivalsommer und hoffen auf hohe Impfbereitschaft.
Lustenau, Feldkirch Es ist ein Bild wie aus anderen Zeiten: ausgelassene Stimmung und Tausende dicht an dicht gedrängte Festivalbesucher, die zur Musik ihrer Lieblingsbands tanzen. An einen Festivalsommer, wie man ihn kennt, war im letzten Sommer nicht zu denken. Die Sehnsucht nach der Rückkehr zur Normalität ist groß. Trotz Ungewissheit ist der Vorarlberger Festivalkalender 2021 bereits prall gefüllt: die Termine stehen, Bands sind engagiert und der Vorverkauf teilweise angelaufen.
Veranstalter Hannes Hagen (48) und sein Team vom Szene Openair stecken mitten in der Detailplanung für das Festival (29. bis 31. Juli), das jährlich rund 25.000 Besucher an den Alten Rhein nach Lustenau lockt. Der Großteil des Programms aus dem Jahr 2020 wurde übernommen, der Vorverkauf läuft. Verträge mit Künstlern werden aktuell zwar erarbeitet, jedoch sind diese laut Hagen noch unverbindlich. „Bei uns als auch den Künstlern gilt das Prinzip der Hoffnung. Alle wünschen sich, dass es möglichst bald wieder losgeht.“
Impfung als Eintrittskarte?
Das größte Hindernis sieht der Veranstalter in der fehlenden Planungssicherheit. „Die Uhr tickt. Wir müssen bis März wissen, ob Stehveranstaltungen ohne Mindestabstand im Sommer möglich sind und da habe ich große Bedenken. Ich glaube nicht, dass wir bis dahin ein klares Ja bekommen.“ Der Festivalsommer hänge nicht nur vom deutlichen Rückgang der Fallzahlen, sondern auch von der internationalen Coronalage ab. „Wenn die Reisefreiheit nicht frühzeitig gewährleistet ist, nützt uns auch die Freigabe der Politik nichts. Die Touren der Künstler müssen schließlich geplant werden“, unterstreicht Hagen.
Eine Covid-Impfung oder Zugangstestungen als Eintrittsticket zum Openair sind für den Veranstalter keine Option. „Das wäre der falsche Ansatz und würde die Gesellschaft mehr spalten als zusammenführen. Und genau das ist es, was die Kultur machen sollte – sie sollte die Menschen vereinen.“ Dennoch hofft Hagen, der aktuell als Intensivpfleger für Covid-Patienten in Bregenz tätig ist, auf eine hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung. Er selbst erhält in diesen Tagen seine Impfung und hofft, dass die Impfbereitschaft wächst, um möglichst schnell aus der Pandemie rauszukommen.
„Glauben an normales Festival“
Ähnlich die Situation beim Poolbar-Festival: Auch dort ist die Planung für den Sommer 2021 längst in vollem Gange, wie Poolbar-Chef Herwig Bauer (47) informiert: „Wir sind für alle Eventualitäten im Sommer gerüstet, glauben aber daran, dass wir ein ,normales‘ Festival mit Veranstaltungen im Alten Hallenbad haben werden.“ Der Poolbar-Generator, bei dem im Vorfeld das gestalterische Konzept des Festivals erarbeitet wird, wurde vorsorglich auf Ende März verlegt. Bis dahin hofft Bauer auf eine Entspannung der Situation und klare Rahmenbedingungen für das Festival, das von 8. Juli bis 15. August über die Bühne gehen soll. Im Musikbusiness seien die Einschätzungen sehr unterschiedlich. Einige Agenturen hätten bereits sämtliche Auftrittspläne auf 2022 verschoben, andere wiederum geben sich zuversichtlich, in diesem Sommer auftreten zu können. Das Line-up für 2021 wurde bereits fixiert. Der Vorverkauf soll aber erst starten, wenn klar ist, in welcher Form das Festival über die Bühne gehen kann.
„Unausgegorene Regelungen“
Herwig Bauer sieht die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen, kritisiert aber die Ausgestaltung der Regelungen der Regierung. „Diese sind oft sehr unausgegoren und rational nicht nachvollziehbar. Einige Branchen leiden darunter besonders stark – die Kultur zum Beispiel hat sehr sichere Konzepte entwickelt, aber die Regierung ignoriert das komplett, anstatt das anzuerkennen und daraus zu lernen.“
Der Festivalchef hofft ebenfalls, dass sich möglichst viele impfen lassen werden. „Das Geschenk, dass es zu so einem frühen Zeitpunkt derart effiziente Impfstoffe gibt, nehme ich gerne an, sobald auch für mich eine Dosis zur Verfügung steht. Das ist auch das Minimum, das jeder zur Bekämpfung der Pandemie beitragen kann.“
„Wenn die Reisefreiheit nicht gewährleistet ist, nützt uns auch die Freigabe der Politik nichts.“
„Die Regelungen der Regierung sind oft unausgegoren und rational nicht nachvollziehbar.“

