Planlos
Es waren keine überzeugenden Auftritte, die zwei SpitzenbeamtInnen des Gesundheitsministeriums kürzlich im Fernsehen geliefert haben. Thema war in beiden Fällen das wenig verständliche Vorgehen, vorhandene Impfstoffe zunächst wochenlang zu lagern, bis sie dann in einer gemeinsamen Aktion am 12. Jänner in den Pflegeheimen verimpft werden sollten. Der Sektionschef bzw. die Sektionschefin waren beide nicht in der Lage, einen nachvollziehbaren Grund für dieses Handeln anzugeben. Mittlerweile ist die Entscheidung revidiert, auch nicht gerade ein Indiz für eine wohldurchdachte Strategie.
„Sie agiert häufig pragmatisch und anlassbezogen, aber wenig strategisch.“
In den sozialen Medien sind Zweifel an der Kompetenz der Spitzenbürokratie in Österreich geäußert worden. Hauptsächlich wurden parteipolitische Gründe ins Spiel gebracht, die für Personalentscheidungen maßgeblich sein sollen. Es ist jedoch ungerecht und vorschnell, solche Urteile auf Basis eines mehr oder weniger missglückten Interviews zu fällen.
Noch ungerechter ist es, diese Beurteilung auf die gesamte Verwaltung Österreichs zu übertragen. Diese hat in der gesamten Corona-Krise nämlich große Flexibilität gezeigt. Die Prioritäten mussten praktisch von einem Tag auf den anderen umgeschichtet werden, was vor allem bei den Bezirkshauptmannschaften sichtbar ist. Ihre Tätigkeit rückt nur dann in die öffentliche Aufmerksamkeit, wenn Missstände auftreten.
Die Corona-Krise deckt jedoch eine grundsätzliche Schwäche der österreichischen Verwaltung auf: Sie agiert häufig pragmatisch und anlassbezogen, aber wenig strategisch. Dieser Mangel wird vor allem in der Spitzenbürokratie sichtbar, deren Aufgabe es im konkreten Fall gewesen wäre, rechtzeitig einen Impfplan zu erstellen, der auf nachvollziehbaren Grundlagen beruht und gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert werden kann. Wenn die bisherige Vorgehensweise wegen der heftigen Kritik umgestoßen werden muss, entsteht zwangsläufig der Eindruck von Planlosigkeit.
Die Gründe für diese Schwäche liegen darin, dass die Führung der Verwaltung sowohl beim Bund als auch den Ländern immer mehr die Aufgabe übernommen hat, augenblicksbezogene Wünsche der Politik umzusetzen, statt längerfristig zu planen. So wird zwar recht flexibel von heute auf morgen verwaltet, übergeordnete Ziele aber werden aus den Augen verloren. Aus Flexibilität wird schnell ein Zickzack-Kurs.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck. peter.bussjaeger@vn.at
Kommentar