Ein Minister für die Arbeit

Kocher beerbt Aschbacher in der Bundesregierung und wird reiner Arbeitsminister.
Wien Die Nachfolge der nach einer Plagiatsaffäre zurückgetretenen Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher ist geregelt. Als neuen Arbeitsminister stellte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag überraschend Martin Kocher vor. Der 47-jährige Wirtschaftsforscher leitet das Institut für Höhere Studien (IHS) und ist kein ÖVP-Mitglied. Kocher wird heute, Montag, um 13 Uhr angelobt.
Kurz begründet Kochers Kür mit den Herausforderungen der Coronakrise. Nach der Pandemie werde es darum gehen, Österreich wieder zu alter Wirtschaftsstärke zurückzuführen und möglichst viele Menschen in Beschäftigung zu bringen. Kocher übernimmt ausschließlich die Arbeits-Agenden. Die Zuständigkeit für Familie und Jugend wandert zu Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab ins Kanzleramt. Der neue Minister gesteht: „Das kommt für mich überraschend und kurzfristig.“ Zu normalen Zeiten hätte er geanwortet, dass er seinen aktuellen Beruf sehr genieße. „Das sind aber keine normalen Zeiten. Es ist Zeit, Verantwortung zu übernehmen“, erklärt er bei seiner Präsentation. „Wir befinden uns in einer sehr tiefen Wirtschaftskrise mit einer hohen Arbeitslosigkeit.“ Kocher sieht drei Herausforderungen am Arbeitsmarkt: die Bewältigung der Pandemie, die Beschäftigung nach der Pandemie und die Zukunft der Arbeit.
„Bei der Bewältigung der Pandemie geht es darum, Arbeitslosigkeit abzufedern. Hoffentlich nur bis zum Sommer werden wir die akute Krise bewältigen müssen und darauf achten, dass die Auswirkungen so gering wie möglich sind.“ Auch über die Zukunft der Kurzarbeit müsse diskutiert werden. Punkt zwei sei der Arbeitsmarkt nach der Gesundheitskrise. „Die Prognose zeigt, dass die Arbeitslosigkeit auch 2024 noch auf einem höheren Niveau ist als 2019“, erläutert der neue Minister. Kocher war mit seinem IHS in diese Prognosestellung involviert. Nun hat er sich das Ziel gesetzt, dass sie nicht eintritt. „Das Ziel muss eine bessere Rückkehr sein.“ Herausforderung Nummer drei ist die weitere Zukunft. „Ich spreche von Digitalisierung, Kulturwandel und irgendwann auch wieder Fachkräftemangel.“
Christine Aschbacher ist am Samstagabend zurückgetreten, nachdem bekannt wurde, dass nicht nur ihre Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 unter Plagiatsverdacht steht, sondern auch ihre als Ministerin eingereichte Dissertation. Für diese an der Technischen Universität Bratislava geschriebene Abschlussarbeit hatte Aschbacher an mehreren Stellen fremde Artikel übernommen, ohne die Zitate ordnungsgemäß auszuweisen. Ihren Rücktritt stellte die ÖVP-Politikerin jedoch als Schritt zum Schutz ihrer Familie dar.
Zur Person
Martin Kocher
Geboren 13. September 1973 in Salzburg
Ausbildung Promovierte 2002 VWL in Innsbruck, Habilitation 2007.
Laufbahn Seit 1. September 2016 IHS-Chef, seit Juni 2020 Präsident des Fiskalrats.