OMMlet oder OmLETT, das ist hier die Frage
Gestern hat mich mein Computer daran erinnert, dass ich Karten für „Madama Butterfly“ in der Staatsoper habe. Tja. War dann halt nichts; keine Oper derzeit, keine Lesungen, keine Ländle-Besuche. Ersatzweise hab ich den Schmerz über Letzteres kuriert, indem ich zum Abendessen Spinat-Omlett machte, und weil ich das nicht essen kann, ohne mich an meine Kindheit zu erinnern, in der es das oft zu Mittag gab, habe ich ein Foto von unserem Essen in die Familien-WhatsApp-Gruppe gestellt. Und den Berg Omletten, den ich briet, irrtümlich Palatschinken genannt, wofür ich ein paar Stirnrunzel- und Tränen-Lach-Emojis von der Familie kassierte. Ja, ich weiß eh! Ich hab nicht vergessen, wo ich herkomme!
Allerdings spricht man Omlette in Wien – und ich glaube fast, überall anders auch – nicht nur ganz anders aus (OmLETT, nicht OMMlet): es ist ja auch etwas anderes. Kein Mittag- oder Abendessen, sondern eine Frühstücksspeise aus verquirlten Eiern, ohne Mehl, ohne Milch, mit wahlweise Kräutern, Schinken, Käse oder Pilzen darin eingearbeitet. Bei dieser Gelegenheit stieß ich wieder auf ein Tutorial aus den Neunzehnsiebziger Jahren, von dem ich lernte, wie man die perfekten, französischsten Omlettes macht. Und zwar von Julia Child, einer amerikanischen Botschafter-Gattin, der in Paris so langweilig war, dass sie einen Kochkurs machte und französisch kochen lernte, und sie tat es bald mit einer solchen Leidenschaft, dass sie dann ein berühmtes Kochbuch („Französisch kochen“) schrieb und eine Fernsehserie bekam, die man auf YouTube nachsehen kann. Ich kann das wirklich empfehlen, weil Julia Child so eine bezaubernd altmodische Figur ist, die auf so amüsante und ein bisschen ungelenke Art erklärt, was sie gerade macht: halb blasiert, halb liebevoll, oder, wie meine Schwester meinte, sie wirkt, als hätte sie vor der Aufzeichnung schon zwei oder drei Gläser Champagner getrunken. (Es gibt über Child einen netten Film von Nora Ephron mit Meryl Streep („Julia & Julia“) aus dem Jahr 2009, allerdings kommt nicht mal die famose Streep an die Ausdruckskraft des Originals heran.)
Jedenfalls ist Childs Omlette-Technik eindrucksvoll und nachahmenswert, auch wenn sie, wie gesagt, nichts mit den Spinatomletts meiner Kindheit zu tun hat. Aus den Resten vom, äh, Palatschinken-Berg von gestern gibt es heute, wie es sich gehört, eine Flädle-Suppa, und diesmal hab ich aufgepasst und nicht irrtümlich „Frittaten“ in die Familiengruppe geschrieben. Überhaupt, Frittate: so ein ruppiges, grobes Wort. Da passt das weiche, flaumige Wort „Flädle“ doch viel besser.
Frittate: so ein ruppiges, grobes Wort. Da passt das weiche, flaumige Wort „Flädle“ doch viel besser.
Doris Knecht
doris.knecht@vn.at
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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