Impfwettbewerb
Nach den Intentionen des Gesundheitsministeriums sollten die Impfungen gegen das Corona-Virus – nachdem in den letzten Dezember-Tagen eine eher symbolische Probeimpfung stattgefunden hatte – am 12. Jänner dieses Jahres in einer abgestimmten, österreichweiten Aktion starten. Wer sich das ausgedacht hat, meinte es vermutlich gut, muss aber ziemlich naiv sein.
Nach einem öffentlichen Aufschrei, dass Österreich europaweites Schlusslicht ist, und einigem Murren aus den Ländern einigte man sich darauf, dass der Bund den Impfstoff besorgt und die Länder die Impfungen organisieren. Eine gute Idee. Am 12. Jänner, also dem Tag, an dem nach den ursprünglichen Planungen die flächendeckenden Impfungen erst begonnen hätten, waren bereits 53.000 Menschen geimpft. Vieles funktioniert also auch dann, wenn man nicht alles zentral steuert.
Vorarlberg hat zwar nur einen Anteil von 4,5% an der Gesamtbevölkerung, führte aber in den ersten Tagen im neuen Jahr etwa ein Drittel der gesamten Impfungen in Österreich durch. Auch das passiert, wenn man nicht zentral steuert: Nicht alle sind gleich schnell, starten zum gleichen Zeitpunkt und verfolgen das gleiche Konzept. Aber es entsteht ein befruchtender Wettbewerb. Kein Landespolitiker will sich nachsagen lassen, dass sein Land langsamer als die anderen ist. Der Effekt ist entsprechend eingetreten: Mittlerweile mangelt es an verfügbarem Impfstoff, die Länder wären ohne Weiteres in der Lage, weitaus größere Mengen zu verimpfen.
Dass zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht, ist in erster Linie auf eine Fehlentscheidung der EU zurückzuführen. Sie wollte einen „Impfnationalismus“ verhindern, und Staaten wie Deutschland und Österreich haben sie darin unterstützt. Aus diesem Grund wurden von allen damals aussichtsreichen Kandidaten Impfstoffe vorbestellt, von jenem Unternehmen, das schließlich in der Lage war, als erstes zu liefern, leider zu wenig.
Hätten die EU-Mitgliedsstaaten um die Impfstoffe konkurriert, wäre der Preis vermutlich zwar in die Höhe getrieben worden, die Anbieter hätten jedoch mehr und schneller Impfstoff produzieren können. Der „Impfnationalismus“ hätte vermutlich dazu geführt, dass mehr, aber auch teurerer Impfstoff bereitsteht. Die Investition würde sich jedoch mit jeder Woche, in der man sich einen noch kostspieligeren Lockdown erspart, mehr als rentieren. Einmal mehr gilt: Wettbewerb schlägt Zentralismus.
„Der ,Impfnationalismus‘ hätte vermutlich dazu geführt, dass mehr, aber auch teurerer Impfstoff bereitsteht.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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