Bürgermeister mit Stich
Exakt 1750 Bürgerinnen und Bürger von Feldkirch sind über 80 Jahre alt. Viele von ihnen warten, wie viele Jüngere übrigens auch, sehnsüchtig auf die Corona-Schutzimpfung. Wir registrieren uns, füllen artig Formulare aus – wir stellen uns also an und warten.
Es werfen sich, während man brav wartet, natürlich auch Fragen auf: Wieso werden in Vorarlberg nicht nur über 80-Jährige sowie Ärzte oder Pfleger auf Covid-Stationen zuerst geimpft, sondern auch Mitarbeiter von Gesundheitshotlines oder jegliches Gesundheitspersonal, obwohl im Priorisierungsdokument des Nationalen Impfgremiums Gesundheitspersonal mit geringem Covid-Expositionsrisiko viel weiter hinten steht? Wieso leben von den 10.910 bisher geimpften Vorarlbergern nicht einmal 10 Prozent in einem Pflegeheim?
Dem Feldkircher ÖVP-Bürgermeister Wolfgang Matt ist das sowieso alles egal: Er geht am Samstag ins Gisinger Pflegeheim, wo eine Corona-Impfaktion für Bewohner und Personal läuft – und will sofort und an Ort und Stelle geimpft werden. Eine mutige Ärztin verweigert dem Herrn Bürgermeister seinen frivolen Wunsch, doch das Stadtoberhaupt bleibt bei seinem Ansinnen, schafft es doch auf die Registrierungsliste und erhält seine erste Corona-Teilimpfung.
Dass sich der Feldkircher Bürgermeister gegen jeden Impfplan, gegen jeden Hausverstand und vor allem gegen jeden Anstand vor den über 80-jährigen Mitbürgern vordrängt, ist nicht nur verwerflich, sondern völlig inakzeptabel. Das geht schlichtweg nicht, Herr Bürgermeister!
Anstand kann man offenbar nicht impfen.
Gerold Riedmann
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Gerold Riedmann ist Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten.
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