Die Qualität im Abgang

Ihr Rücktritt erfolge aus Rücksicht auf ihre Familie, so Arbeitsministerin Christine Aschbacher am Samstag. Nicht nur auf sie entlüden sich Angriffe, „sondern auch auf meine Kinder, und das mit unerträglicher Wucht.“ Ihre Doktorarbeit habe sie nach „bestem Wissen und Gewissen verfasst“.
Das war, angesichts der erdrückenden Beweislast, die entweder gegen die Autorenschaft Aschbachers oder gegen ihre Fähigkeiten sprach, doch ein starkes Stück. Ihr mangelte es ganz offensichtlich entweder an Wissen oder an Gewissen, vielleicht auch an beidem. Wenn Sätze wie „Der Status quo zur Problematik stellt heraus, dass Führungsstile als Basis für die Innovation gegeben sind.“ oder „Einen generativen Stil im Führungsverhalten fördert die Generierung neuer Ideen und Lösungsvorschläge.“ tatsächlich aus der Feder Aschbachers stammen, kann man sich fragen, unter welchen Voraussetzungen man in diesem Land Ministerin werden kann. Stammen sie aber nicht von ihr, hätte sie jemand anderen engagiert, um die Arbeit zu schreiben: Was für ein Licht auf ihre Gewissenhaftigkeit würde das werfen? Es wird jetzt viel davon gesprochen und geschrieben, dass man einer bereits zurückgetretenen Politikerin nicht auch noch nachtreten solle.
Das ist, genauso wie Aschbachers wehleidiger Ton, ein Immunisierungsversuch gegen berechtigte Kritik. Wie viel Schonung verdient eine Arbeitsministerin, die während der größten Beschäftigungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg eine vor Plagiaten und Schwurbelsätzen nur so strotzende Dissertation in der Slowakei einreicht und, nachdem sie erwischt wird, kein Wort der Reue über die Lippen bringt, sondern die Verantwortung auf Universität und Professorenschaft umverteilt, um im letzten Moment auch noch den Schutz ihrer Familie als Rücktrittsgrund vorzuschieben?
Ein bekannter Spruch vergleicht Politiker mit Rotwein: Man erkennt die Qualität im Abgang. Von wem während der ganzen Debatte Aschbachers Kinder angegriffen worden sein sollen, blieb ebenso im Dunkeln, wie die Provenienz ihrer Abschlussarbeiten. Für die Ex-Ministerin müsse die Unschuldsvermutung gelten, heißt es von Weggenossen und dem Grünen Koalitionspartner. Wenn ein Zeitungsartikel ohne Zitat übernommen wird, ist das ein unbestreitbares Plagiat. Wäre sich Christine Aschbacher ihrer Sache so sicher gewesen, wie sie seit Bekanntwerden der Affäre betont hat, hätte sie Plagiatsjäger und Journalisten zu Recht mit Klagen eingedeckt. Allein, es kamen keine Klagen sondern ein Prüfverfahren ihrer Fachhochschule, denn bereits mit der Diplomarbeit soll es Probleme gegeben haben.
Moritz Moser ist Journalist in und aus Feldkirch. Twitter: @moser_at