Zugedeckt
Beim dritten Mal an diesem Tag haben sich die Abläufe verselbstständigt: Rein in die Stiefel, die Jacke ist noch feucht, die Schneeschaufel lehnt herausfordernd an der Hauswand. Vor ihr erstreckt sich ein glitzernd-weißer Teppich, der nur an sanften Wellen erkennen lässt, dass hier schon mal geschippt worden ist. Ein paar verhuschte Gestalten blicken ratlos nach oben. Dicke Flocken verhöhnen die kleine Brigade, die da unfreiwillig angetreten ist.
Die Natur zeigt uns aber deutlich, wo Bartle den Most holt, denk ich mir und stoße den Kirschbaum leicht an, der sich augenblicklich seiner Last entledigt. Der versierte Arbeiter tut das mit dem Schaufelstil auf sichere Distanz. Der andere sieht nachher wie ein Schneemann aus.
Eine halbe Ewigkeit später sind die Ausfahrten geräumt. Die Helden grinsen unter ihren angezuckerten Zipfelmützen, grüßen einander knapp und schneidig und schultern die Schaufeln – Schneekameradschaft. Dann fährt der Pflug vorbei. Rasselnd schiebt er die Straße frei und die Einfahrten wieder zu. Fröhlich tänzeln die Flocken zur Erde, als wüssten sie, dass sie Oberhand behalten. Der Schnee deckt alles ab. Unsere Anstrengungen, das ganze Pandemie-Theater, selbst die vergessenen Flüchtlinge in ihren Zelten in Bosnien. Aber manches kommt verlässlich wieder zum Vorschein.
Thomas Matt
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