Immunisierung
Die Regierung hat beschlossen, den Lockdown zumindest bis 8. Februar zu verlängern. Ob die Entscheidungsgrundlagen diesmal ausreichend erarbeitet sind, wissen wir nicht. Die Öffentlichkeit hat nur die Pressekonferenz gehört. Möglicherweise wissen SPÖ und Neos mehr, denn sie werden offenbar der Verlängerung der Maßnahmen zustimmen, die sie ursprünglich abgelehnt haben.
Für die meisten Menschen ist dies eine sehr belastende Situation, die oft von Existenzängsten und dem Gefühl, eingesperrt zu sein, verschärft wird. Weil die Sorge besteht, eine Mutation des Virus könnte zu einer weiteren Ansteckungswelle führen, reden unsere Politiker davon, den „Bewegungsradius“ der Menschen noch weiter einzuschränken. Manche Experten applaudieren diesem Vorschlag und halten ihn für sehr effizient. Selbstverständlich: vom virologisch-mathematischen Standpunkt aus betrachtet ist es am besten, wenn wir uns überhaupt nicht mehr bewegen.
Allerdings hat das Recht nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern auch ihre Freiheit zu schützen. Es gibt kein Entweder-oder, sondern nur eine Kombination von beidem. Besonders deutlich wird dies daran sichtbar, dass es eine wachsende Gruppe von Menschen gibt, welche die Infektion hinter sich haben und zumindest für einen gewissen Zeitraum immun sind. Sie werden in ihrer Freiheit eingeschränkt, obwohl sie voraussichtlich für einige Monate nicht wieder erkranken können. Der Gesetzgeber hat zwar vor wenigen Tagen die Möglichkeit geschaffen, dass diese Personengruppe in den Corona-Verordnungen von den sonst geltenden Beschränkungen zumindest teilweise befreit werden könnte. In der nun geplanten Verlängerung des Lockdowns ist davon aber keine Rede. Nur bei den neu eingeführten Testpflichten soll es Ausnahmen geben.
Manche argumentieren, dass eine „Privilegierung“ der Immunen gegen das Prinzip der Gleichheit verstoße, was Unsinn ist. Dass es allen gleich schlecht gehen soll, ist bestenfalls eine (un)moralische Maxime. In einer liberalen Gesellschaft kann es aber nur einen Grundsatz geben: Die persönliche Freiheit darf nur soweit eingeschränkt werden, wie dies im öffentlichen Interesse notwendig ist. Und das ist bei Menschen, die immun geworden sind, nicht mehr der Fall.
„Manche argumentieren, dass eine ,Privilegierung‘ der Immunen gegen das Prinzip der Gleichheit verstoße.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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