Trotz Lockdown ist relativ viel los
Die Zweifel an den Einschränkungen nehmen zu.
Wien So lange war Österreich noch nie im Lockdown. Zu möglichen Lockerungen gibt es derzeit weder auf Landes- noch auf Bundesebene Prognosen. Gleichzeitig sieht die Bevölkerung die Einschränkungen immer kritischer. Fast 40 Prozent zweifeln an deren Effektivität. Deutlich mehr als ein Drittel hält sie für zu stark oder zu extrem, wie eine Umfrage des Austrian Corona Panel Projects der Universität Wien zeigt. Auch Mobilitätsdaten machen deutlich, dass die Bevölkerung langsam müde wird. „Es ist relativ viel los, obwohl Lockdown sein sollte“, erklärt Mario Mayerthaler von A1 und Invenium.
„Übertriebene Gefahr“
Nach Beratungen der Bundesregierung mit Landeshauptleuten, Experten und Opposition soll am Montag die Entscheidung über den weiteren Verlauf des Lockdowns fallen. Die Infektionszahlen sinken nur sehr langsam. Diverse Mutationen sorgen für Unsicherheit.
Laut Umfrage des Gallup-Instituts glaubt ein Drittel der Österreicher, dass bei den Gefahren des Coronavirus übertrieben wird. Etwas mehr als die Hälfte hat noch Angst, sich oder andere anzustecken. Während des ersten Lockdowns war diese Sorge deutlich größer (64-70 Prozent). Im Vergleich zum zweiten Lockdown haben sich die Zahlen kaum verändert.
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei den Mobilitätsdaten. Während der Anteil mobiler Personen an Werktagen im ersten Lockdown von rund 75 Prozent auf unter 50 Prozent eingebrochen ist, liegen die niedrigsten Werte des zweiten und dritten Lockdowns bei knapp unter 60 Prozent, berichten Invenium und A1. Sie analysieren, welche Mobiltelefone im A1-Netz – dazu zählen auch Bob, Yesss und Roamer – sich über den Tag verteilt in welchem Handymasten einwählen. Hochgerechnet ergibt sich so ein repräsentatives Ergebnis über die Mobilität der Österreicher.
Invenium und A1 werteten auf VN-Anfrage auch die Daten für die Innenstädte von Bregenz, Feldkirch und Dornbirn aus. Demnach hat sich die Besucherzahl in der Landeshauptstadt im ersten Lockdown um 80 Prozent reduziert, im zweiten Lockdown um 45 und im dritten um 47 Prozent. Ähnliche Unterschiede zeigen sich in Feldkirch und Dornbirn. Besucher sind Personen, die sich mindestens eine Viertelstunde und maximal vier Stunden in der Innenstadt aufhalten. „Es ist spannend, dass die Reduktion im dritten Lockdown eine Spur höher ist, als im zweiten“, sagt Michael Cik von Invenium. Vermutlich habe sich die Freizeitaktivität aber einfach weg von der Innenstadt verlagert. Schließlich zeigten sich bei der Gesamtmobilität keine großen Unterschiede zwischen Lockdown zwei und drei.
Bereitschaft sinkt
Die Wissenschaftler des Austrian Corona Panel Projects glauben, dass die Bereitschaft, sich an die Maßnahmen zu halten, in der Bevölkerung weiter sinkt. Derzeit meint nur noch ein Drittel der Österreicher, dass die Einschränkungen angemessen sind. Der Optimismus schrumpft. Laut Gallup-Institut sind lediglich 17 Prozent der Meinung, bereits das Schlimmste überstanden zu haben.
„Die Freizeitaktivitäten haben sich einfach weg von der Innenstadt verlagert.“