„Unsere Samen sind unsere Gedanken“

Künstlerin Ch. Lingg über ihre Malerin und die Bedeutung von Kunst.
Dornbirn In Ch. Linggs Garten wachsen viele verschiedene Pflanzen, deren Samen den Ursprung ihrer Bilder darstellen. Unter dem Mikroskop entstehen Formen, die mit freiem Auge nicht zu sehen sind. „Der Samen macht die Pflanze aus, mikroskopisch vergrößert finden sich Formen wie bei der fertigen Pflanze, die mit freiem Auge nicht zu sehen sind“, erklärt die Künstlerin.
Das erfordere eine nähere Betrachtung. 600 Millionen Jahre gibt es Landpflanzen. Der Samen hat eine lange Geschichte. Der Grundgedanke einer Art Ursprungsform, die sich in der Natur- und Pflanzenwelt, in Pflanzensamen, im Menschen wiederfindet, ist nach wie vor der Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Arbeit. „Unsere Samen sind unsere Gedanken. Die Idee des Gedankens bleibt, vieles steckt im Nicht-Gesagten“, beschreibt die Künstlerin, eine Frau, die Anmut und Poesie ausstrahlt in Stimme und Sprache, was sich auch in ihren Bildern erkennen lässt. „Ich versuche genau hinzusehen und zu entdecken. Je länger ich das Bild betrachte, desto mehr erkenne ich. Mich berührt ein Bild, wenn ich etwas spüre, wenn es mich fesselt und anzieht“, meint Lingg.
Natur in Eitempera
Die Leinwände macht sie selber. Arbeiten kann sie aber nur auf Papier, auf glattem Untergrund. Dieses wird auf die grundierte Leinwand „aufkaschiert“ (mit Holzleimmischung und Wasser aufgeklebt). So kann die Künstlerin hauchdünn in vielen Schichten mit Wasser und Eitempera agieren. Manchmal träume sie etwas und setze es dann um – mit Bleistift, Eitempera und Öl. Eine Skizze macht sie nur ganz selten. „Wenn ich Farbpigmente in die Eitempera gebe, hat das bei mir mit Natur zu tun. Ich nehme mir Zeit, arbeite in vielen Schichten, genauso wie ich denke“, erzählt Lingg.
„Bei uns im Land hat Kunst nicht so einen großen Stellenwert. Es gibt ein paar Zugpferde, die im Vordergrund stehen. Es braucht aber auch ein Gegenstück dazu. So wird es nie ein umfangreiches Bild über Kunst in Vorarlberg geben, es bleibt einseitig“, erklärt die Künstlerin.
Kritik an der Landespolitik
Dass in Vorarlberg das Kulturbudget gekürzt wird, sei ein Armutszeugnis. Kunst sei nicht greifbar, nicht lebensnotwendig wie Nahrung oder Kleidung, aber Kunst mache etwas mit der Vielfalt des Denkens, denn der Ursprung sei das, was wir denken. Das ging in dem Moment verloren, als die Skilifte geöffnet und die Museen und Theater geschlossen wurden. Die Politik sei zum Scheitern verurteilt, wenn sie das Budget kürzt. Ebenso wie die Regenwälder abgeholzt werden, würde in Vorarlberg Kultur abgeholzt. Der Schaden ist erheblich, ist Malerin Ch. Lingg sich sicher. yas
