Der Rabbiner als Wegbereiter Hohenemser Forschungen

Aron Tänzers 150. Geburtstag wird am Samstagabend gefeiert.
Hohenems Die VN-Heimat und das Jüdische Museum Hohenems blicken anlässlich seines 150. Geburtstags am heutigen Samstag, 30. Jänner 2021, auf die Biografie von Aron Tänzer. Der im heutigen Bratislava zur Welt gekommene Sohn eines Rabbiners kam im Alter von 25 Jahren frisch vermählt nach Hohenems und engagierte sich in seiner bis 1905 andauernden Zeit im Rabbinatsamt über alle Maßen hinaus.
Tänzer, dessen Eltern sich bald nach seiner Geburt getrennt hatten, wuchs im damals noch ungarischen Pressburg auf, wo er 1890 die Rabbinatsschule beendete. Nach dem Studium in Berlin und Bern – die Promotion erfolgte 1895 – heiratete er im Juni 1896 die Rabbinertochter Rosa Handler. Gemeinsam zogen sie ein halbes Jahr später nach Hohenems, wo sie das Rabbinerhaus neben der Synagoge bewohnten.
Als Rabbiner war Aron Tänzer nicht nur zur Abhaltung der Gottesdienste und Erteilung von Religionsunterricht verpflichtet, er hatte sich auch um die Führung der Geburts-, Ehe- und Sterbematriken sowie die Restaurierung der Grabsteininschriften zu kümmern. Diesen Aufgaben widmete er sich mit besonderer Hingabe, wobei zunächst die Dokumentation der Grabsteine in den Fokus rückte.
Schon 1901 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Friedhofsforschung, zu deren Zwecke er sämtliche noch vorhandenen Grabsteine durchnummerierte und ein Gräberverzeichnis samt Lageplan anlegte. Noch heute lassen sich an manchen Gräbern die vor 120 Jahren eingravierten Zahlen erkennen.
Bedeutendes Werk
1905, im Jahr seines Wechsels nach Meran, erschien schließlich sein Werk zur Geschichte der Hohenemser Jüdinnen und Juden, worin er auf rund 800 Seiten die Geschichte der jüdischen Gemeinde zusammenfasste. Für die Forschung von besonderem Stellenwert ist das darin von ihm angelegte Familienregister, eine maßgeblichen Quelle für die Genealogiedatenbank des Jüdischen Museums.
Er stützte sich dabei auch auf handschriftliche Vorarbeiten von Moritz Federmann und Heinrich Löwengard. Außerdem gilt Tänzer, der von Bürgermeister August Reis mit der Anlage eines Registers betraut wurde, als Begründer des Hohenemser Stadtarchivs.
Nach zwei Jahren in Meran zog Aron Tänzer 1907 mit seiner Frau und mittlerweile vier Kindern ins württembergische Göppingen. Dort knüpfte der Rabbiner auch an seine wissenschaftliche Tätigkeit an und richtete beispielsweise eine Volksbücherei ein.
Nach dem Tod seiner ersten Frau Rosa heiratete er 1913 Bertha Strauss, die in den darauffolgenden Jahren noch zwei Kinder zur Welt brachte. Kurz nach der Geburt der jüngsten Tochter wurde Tänzer im Juli 1915 zur Bug-Armee einberufen. Er hatte sich zuvor freiwillig zum Militäreinsatz gemeldet und diente schließlich bis zum Ende des Ersten Weltkriegs als Feldrabbiner. Seine wissenschaftlich-publizistische Karriere setzte er indes unbeirrt fort. Er hielt Vorträge, wie jenen über die „Juden in Polen“ (1916) und veröffentlichte Bücher wie „Die Geschichte der Juden in Brest-Litowsk“ (1918) sowie die Abhandlung zur „Geschichte der Juden in Jebenhausen und Göppingen“ (1927). Im Jahr seines Todes 1937 erschien noch sein Werk „Geschichte der Juden in Württemberg“.
Geburtstagsfeier online
Die Nachkommen Aron Tänzers leben großteils in den USA und sind durch die „American Friends of the Jewish Museum Hohenems“ auch mit anderen Nachfahren der jüdischen Gemeinde sowie dem Museum verbunden. Gemeinsam mit ihnen, aber auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bratislava, Meran und Göppingen, findet am heutigen Samstag, 30. Jänner, um 19.30 Uhr ein digitaler Festabend statt.
Weitere Informationen gibt es unter der Adresse www.jm-hohenems.at RAE
