Das Gemeinwohl im Fokus

Gertrud Würbel möchte mit dem Würbel-Areal einen Ort der Begegnung schaffen.
Bludenz „Ich hatte immer schon einen ganz besonderen Bezug zu meinem Elternhaus, schon in der Kindheit“, erklärt Gertrud Würbel. Das Elternhaus ist eine alte Stadtvilla in der Bludenzer Werdenbergerstraße, Würbel ist die Alleinerbin des großen Anwesens mit einem Garten von 3553 Quadratmetern und dem rund 150 Jahre altem Wohnhaus mitsamt Wirtschaftstrakt: „Mein Ururgroßvater Josef Bickel hat dieses Haus erbaut. Er betrieb einen Eisenwaren-Großhandel und wurde dadurch sehr wohlhabend. Außerdem war er sozial und politisch sehr aktiv.“ Die Psychotherapeutin mit Praxis in Bregenz und Bludenz lebt nunmehr in fünfter Generation in dem großzügig angelegten Stadthaus. „Meine Vorfahren fühlten sich stets sozialen Werten verpflichtet und dachten in Gemeinwohlkategorien. Nächstenliebe wurde in die Tat umgesetzt. Ich stehe in der geistigen Tradition dieser Werte“, betont die Bludenzerin. So war Urgroßvater Viktor Bickel Feuerwehrkommandant und für kurze Zeit Bürgermeister von Bludenz, in seine Ägide fiel der Bau des städtischen Friedhofs, der Menschen aller Glaubensrichtungen offenstand. Vater Fritz war Sparkassendirektor und Finanzstadtrat.
Erbe in gute Hände übergeben
Gertrud Würbel hat sich intensiv mit der Familiengeschichte beschäftigt. Ihr reichhaltiges Archiv, das auf den Recherchen ihres Vaters beruht, wird sie dem Stadtarchiv Bludenz zur Verfügung stellen: „Geschichte ist insofern wichtig, weil sie ein Bewusstsein dafür schafft, dass der Mensch nicht allein auf einer Insel lebt, sondern in einer Gemeinschaft. In unserer immer gefühlskälter und egomaner werdenden Welt gewinnen soziale Werte immer mehr an Bedeutung.“ Ihr Hauptfokus liegt derzeit darauf, ihr Erbe in gute Hände übergeben zu können. Da sie keine Nachfahren hat, sollte das Würbel-Areal in Zukunft als öffentlicher Ort mit kultureller und kommunaler Nutzung dienen, so ihr Wunsch. Die Stadt Bludenz hat bereits ihren politischen Willen bekundet, Maßnahmen für eine öffentliche Nutzung des Areals in die Wege zu leiten. Stadtarchivar Christof Thöny und Bruno Winkler, Konzeptentwickler für Museen, erarbeiten derzeit ein Nutzungskonzept. „Die richtigen Leute ziehen nun den Karren“, zeigt sich Gertrud Würbel begeistert.
Begegnungsort für Jung und Alt
Es gehe darum, mit der Nutzung dieses Areals Visionen für die Stadtentwicklung zu fördern: „Es wäre wünschenswert, wenn ein Begegnungsort für Jung und Alt geschaffen würde. Die Nutzungsmöglichkeiten sind äußerst vielseitig: für die Freizeitgestaltung, als Museum, als Restaurant, als Ausstellungsräume oder auch als ökologischer Lehrpfad. Die Anbindung an die Remise und den Riedmillerplatz, auf dem ohnehin viele Veranstaltungen stattfinden, wäre optional. Wobei ich betonen möchte, dass nicht ich den Inhalt entscheide, sondern dieser wird von den beiden Profis ausgearbeitet. Meine Entscheidung liegt darin, an wen ich schlussendlich das Areal verkaufe.“ Dass das Würbel-Areal als Veranstaltungsort sehr gut bei der Bevölkerung ankommt, haben die hohen Besucherzahlen bei den bisher angebotenen kulturellen Events aufgezeigt.
Leader-Projekt eingereicht
Christof Thöny hat in der Zwischenzeit ein Leader-Projekt eingereicht: „Das aus dem Leader-Programm der Europäischen Union geförderte Projekt ‚Ort der Begegnung‘ bietet große Chancen für die Stadt und die Region. Das Würbel-Areal – ein mehr als 150 Jahre altes Anwesen in der sogenannten Vorstadt St. Jakob – ist ein eindrucksvolles Zeugnis der bürgerlichen Wohn- und Arbeitswelt von Bludenz. Die Besitzstruktur und die Offenheit der Eigentümerin eröffnen die Chance, hier einen Ort mitten in der Stadt wachsen zu lassen, in dem das Gemeinwohl im Mittelpunkt steht. Dieser Ort wird in Zukunft hoffentlich allen Altersgruppen zugutekommen. An konkreten Nutzungsideen wird derzeit intensiv gearbeitet.“ BI
