„In der Kunst ist alles Handwerk“

Der Maler und Grafiker Christian Geismayr über Ethik, Ästhetik und Fotografien anderer Leute.
Hohenems Der Maler, Grafiker und Kunstlehrer Christian Geismayr hat eine Vorliebe für Flohmärkte und Hinterlassenschaften, sammelt alte Fotos und Familienbilder. Fotografiert wird immer dasselbe, weltweit: Familie, Feiern, Weihnachten, Ostern etc. Fotos sind Sinnbild unseres eigenen Lebens. Der Künstler versucht diese in die Leinwand zu integrieren, auf vielen seiner Bilder befinden sich Fotos von Fremden. Es geht um Erinnerung, das gemeinsame Thema von Bild und Fotografie.
Christian Geismayr studierte Gestaltungslehre an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, absolvierte an derselbigen Philosophie und promovierte mit Auszeichnung. Vor zwei Jahren beschenkte sich der Künstler selbst mit einer Druckpresse, um seine Radierungen zu drucken. „In der Kunst ist alles Handwerk, egal ob in der Grafik oder der Malerei. Wenn ich eine Druckgrafik mache, bin ich ein glücklicher Mensch“, schwärmt Geismayr.
Seit 2011 malt der Künstler realistisch, davor abstrakt. Dafür mischt er Mastixfirnis mit Schwarzöl, das mache die Farbe weich und geschmeidig. Das Öl trocknet so schneller. Der Künstler legt Lasur über Lasur, Farbton auf Farbton. Er empfielt dafür eine Staffelei. Für die abstrakten Bilder kam die Farbe unverdünnt aus der Tube. Gemalt wurde mit dicker Farbe und Styropor. „Es gibt kein Rezept für gute Bilder, Scheitern ist inkludiert. Schon das Nicht-Wissen wie ein Bild werden könnte, ist ein künstlerischer Vorgang. Ich weiß bis zum Schluss nicht, ob das Bild gut wird“, erklärt Geismayr.
Maler und Philosoph
Kunst berührt und belehrt. Wenn wir über Kunstwerke sprechen, tauschen wir uns aus, wir entlasten uns so vom Alltagsstress und erzeugen positive Gefühle. „Eine wundervolle Ausstellung, wie zuletzt Edward Hopper in Basel, gibt mir Freude und meinem Leben einen Sinn. Ich empfinde beim Betrachten seiner Bilder Glück. Nach der Besichtigung ging es mir sehr gut, weil ich erkannte, dass es etwas gibt, das über mein Leben hinaus reicht“, beschreibt der Künstler. Kunst hat eine ethische Aufgabe. Ästhetik und Ethik sind eins. Im Schönen können wir das Gute erkennen. Ästhetik lehrt den Blick zu fokussieren auf ein Schauspiel, auf Musik oder auf ein Bild.
Das Material veredeln
Ethik stellt die Frage nach den Werten, was moralisch wichtig ist und was nicht. Ein bildender Künstler beispielsweise könne ein im Alltag als Abfall empfundenes Material in seinem Werk veredeln, ein Literat kann seine Figuren so anlagen, dass die Empathiefähigkeit des Lesers wachsen kann, indem er sich in die Figuren hineinlebt. „Es braucht keine philosophische Ausbildung, um als Künstler tätig sein zu können, mir hat sie geholfen Bilder nicht aus einem Bauchgefühl heraus zu malen. Andererseits ist allzu viel ,Kopf‘ auch nicht gut. Das Bild wird dann steril und blutleer“, erklärt er. yas
„Allzu viel ‚Kopf‘ ist auch nicht gut. Das Bild wird dann steril und blutleer.“

