Doris fand nach dem Tod des Mannes ins Leben zurück

Doris Kalb (54) verlor vor sechs Jahren ihren Ehemann bei einem Verkehrsunfall. Heute ist sie wieder eine lebensfrohe Frau.
Dornbirn Mit 12 lernte Doris Bernhard Kalb auf dem Eislaufplatz kennen. „Er brachte mir und meinen Freundinnen das Eislaufen bei.“ Mit 15 verliebte sie sich in den Eishockeyspieler des EHC Dornbirn. Mit 16 wurde sie von ihm schwanger. Ihr erstes Kind kam 1983 zur Welt. Als das zweite Kind unterwegs war, heiratete das Paar. Doris hat diesen Schritt nie bereut. Denn: „Bernie und ich haben eine gute Ehe geführt.“ Bernhard war arbeitsam – er lieferte 37 Jahre lang Bier aus – und seinen drei Buben ein guter Vater. „Er hat ihnen Eishockey beigebracht und auch sonst viel mit ihnen unternommen, ist mit ihnen wandern gegangen und hat mit ihnen Fußball gespielt.“ Nicht nur als Papa, auch als Ehemann machte Bernhard viel richtig. „Er wurde nie laut und war kein Streithals. Er half mir im Garten und auch im Haushalt.“ Die 54-Jährige glaubt, „dass es so einen Mann nicht mehr gibt“.
Die Brachialität des Lebens
Viele Jahre ging das Leben mit der Familie behutsam um. Aber am 18. November 2014 zeigte es den Kalbs, wie brachial es sein kann. An diesem Tag wurde der 56-jährige Familienvater aus dem Leben gerissen. Bernhard verblutete nach einem Verkehrsunfall in Lingenau. Doris sah ihren Ehemann zum letzten Mal beim Bestatter. „Bernie sah friedlich aus, als ob er schliefe.“ Daraus zog sie den für sie beruhigenden Schluss, „dass er nicht leiden musste und vom Unfall überhaupt nichts mitbekommen hat“.
„Noch Monate nach seinem Tod dachte ich, er müsste jeden Augenblick zur Tür hereinkommen.“
Doris Kalb, Witwe
Beim Beerdigungsgottesdienst in der Kirche zog es ihr den Boden unter den Füßen weg. „Ich war nicht einmal fähig, zu seinem Grab zu gehen.“ Es dauerte Monate, bis sie realisierte, dass ihr Ehemann tot war. „Noch im März dachte ich, er müsste jeden Augenblick zur Tür hereinkommen.“ Um ihm nahe zu sein, zog sich die trauernde Witwe oft in den Holzkeller zurück, in dem Bernie gerne gewerkelt hatte. Sein Tod hatte zur Folge, dass sie jahrelang unter Schlafproblemen litt. Noch heute passiert es ihr, dass sie den Verlust ihrer Lebensliebe beklagt. „An manchen Abenden muss ich weinen.“
Aber sie durfte auch erfahren, dass die Zeit Wunden heilt. „Mit den Jahren wurde es leichter.“ Ihre Lebensfreude kam zurück, als sie Großmutter wurde. „Als Paulina vor drei Jahren zur Welt kam, hatte ich das Gefühl, dass für mich ein neuer Lebensabschnitt beginnt.‘“ Ihre Gedanken weilten jetzt nicht mehr so häufig in der Vergangenheit. „Ich bin drauf gekommen, dass man nicht zurückschauen und in dem, was war, verharren sollte. Vielmehr sollte man positiv vorwärts schauen.“

Der Fluss des Lebens trieb Doris in ein neues Leben, das nicht minder schön ist als das alte. Es gibt vieles, was die Dornbirnerin heute schätzt und genießt: die Zeit mit ihrer Enkelin, den Garten, der schon anfängt zu blühen, den Schwatz mit Bekannten, die Zutraulichkeit ihrer Katzen. Ihr ist bewusst, dass nicht zuletzt auch dieser Schicksalsschlag sie zu dem Menschen gemacht hat, der sie heute ist: eine Frau voller Daseinsfreude, die die vielen schönen Jahre mit ihrem Lebensmenschen wie ein kostbares Geschenk in ihrem Herzen trägt und die ewige Verbundenheit mit diesem zeigt, indem sie ihren und seinen Ehering am Finger trägt.