Herumgemosert: Als Radiohören illegal war

Die Entdeckung der Radiowellen ließ Ende des 19. Jahrhunderts erste Experimente mit Funksprüchen zu. Das Radio hielt allerdings erst in den 1920ern in Österreich Einzug und war dabei mit behördlichen Widerständen konfrontiert. Es bestünden „Eifersüchteleien zwischen den Fachministerien“, berichtete das „Vorarlberger Volksblatt“ 1924. Die Industrie verhandle seit einem Jahr erfolglos mit den Behörden. Außerdem würden sich die zuständigen Beamten „über die Konzessionsverleihung für die Erzeugung von Radioapparaten nicht schlüssig“.
Das Radio sei, so berichtete das „Salzburger Volksblatt“ zur selben Zeit, zwar drauf und dran, „auch in Österreich im Triumphe einzuziehen“, allerdings müsse es zuerst gelingen, „den Amtsschimmel vor den Triumphwagen zu spannen“. Neben dem bestehenden Kompetenzkonflikt machte der neuen Technik eine Verordnung aus dem Jahr 1910 Probleme, in der zum Betrieb von Radiogeräten eine Konzession vorgeschrieben wurde. Empfangsapparate durften außerdem nur für eine Wellenlänge aufgestellt werden, die für damals moderne Geräte nutzlos war. In den zuständigen Ministerien werde sicher fieberhaft an einer Lösung des Problems gearbeitet, witzelte die Salzburger Zeitung, „soweit man in den österreichischen Ministerien überhaupt fieberhaft arbeitet“.
Die oppositionelle Sozialdemokratie erkannte im Radio ein potenzielles Machtinstrument der Regierung und forderte daher die „Radiodemokratie“. Ihre Horrorvorstellung war ein vom christlichsozialen Bundeskanzler Ignaz Seipel kontrollierter Rundfunk. Das wäre, so die rote „Arbeiterzeitung“, als dürfte „Dr. Seipel allein und sonst niemand in Österreich Zeitungen herausgeben“. Ein Vertreter der konservativen Handelskammer war aus anderen Gründen gegen öffentlich betriebene Radiostationen. Er ging davon aus, dass „der Staat als Unternehmer auch in diesem Falle versagen würde“.
Das „Recht auf den Rundspruch“, so forderte die Sozialdemokratie wiederum, dürfe nicht nur „einer Kapitalistengruppe“ oder „einer politischen Partei“ zustehen. Die „Monopolisierung des Rundfunks“ sei mit der Demokratie nicht vereinbar. Diese sozialdemokratische Position sollte schließlich ebenso wenig bis in die Zweite Republik überdauern wie der Behördenstreit rund um die Konzessionierung der Radiogeräte. Die Bevölkerung kümmerte sich ohnehin wenig um die anfängliche Illegalität ihres Rundfunkkonsums. Der Betrieb von Sendern und Radiogeräten sei zwar verboten, schrieb das „Salzburger Volksblatt“, werde aber „tatsächlich von den Behörden stillschweigend geduldet“.
Moritz Moser ist Journalist in und aus Feldkirch. Twitter: @moser_at