Keine Krise bei Baubewilligungen

In Krisenzeiten an eine gesicherte Zukunft denken: Da zählen die eigenen vier Wände mehr denn je, das weiß auch Lilia aus Dornbirn. VN/Steurer
Fürs vergangene Jahr zeichnet sich in Vorarlberg ein überraschend hoher Wert ab.
SCHWARZACH Bauexperte Wolfgang Amann hat recht behalten: Coronabedingt gab es in den ersten beiden Quartalen des Vorjahres nur sehr wenige Baubewilligungen in Vorarlberg. Amann führte das im Gespräch mit den VN darauf zurück, dass aufgrund der Beschränkungen zahlreiche Verfahren ausgefallen sind.
Viele würden jedoch bei erstbester Gelegenheit nachgeholt werden, zeigte er sich damals überzeugt. Daten für das dritte Quartal, welche die Statistik Austria nun veröffentlicht hat, bestätigen dies: Von Anfang Juli bis Ende September, als die Freiheiten groß waren, gab es mit 1064 Baubewilligungen außergewöhnlich viele in Vorarlberg.
„Im großvolumigen Bereich läuft der geförderte Wohnbau ganz gut.“
Wolfgang Amann
Wohnbauexperte
Von 2015 bis 2019 waren es im Vergleichszeitraum durchschnittlich nur 820 gewesen. Damit wurden die Rückgänge der ersten beiden Quartale 2020 nicht nur wettgemacht; von Jänner bis Ende September gab es mit insgesamt 2663 Bewilligungen sogar mehr als in den meisten Jahren davor.

Daten für das vierte Quartal werden erst im April vorliegen. „Es sieht jedoch ganz danach aus, als ob insgesamt das Jahr 2019 egalisiert wird“, meint Wolfgang Amann: „Wir rechnen mit zirka 3700 Bewilligungen.“ Mehr seien es in der jüngeren Geschichte nur 2017 gewesen. Damals handelte es sich um 4005.
Der Großteil der Bewilligungen entfällt auf Neubauten. Gezählt und ausgewiesen werden Wohnungen. Knapp ein Drittel ist in Häusern mit ein bis zwei Wohnungen vorgesehen, rund zwei Drittel in Gebäuden mit mehr Einheiten.
Doch wie ist die Entwicklung mitten in der größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten erklärbar? „Ich teile Ihre Vermutung“, antwortet Amann, der das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen in Wien leitet: „Flucht ins Betongold.“ Bemerkenswert sei, dass sich die Eigenheime besonders gut entwickeln. Hier würden die Bewilligungen sogar um 17 Prozent über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt liegen: „Im großvolumigen Bereich läuft der geförderte Wohnbau ganz gut.“
Während viele Menschen in der Krise zu finanziellen Problemen gekommen sind, haben andere Geld übrig: Die Nationalbank stellt für ganz Österreich fest, dass so viel gespart wird, wie schon lange nicht. Wieder andere investieren und nehmen dafür durchaus auch einen Kredit auf: Laut Nationalbank sind in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres vom Boden- bis zum Neusiedlersee neue Wohnbaukredite über insgesamt 17,2 Milliarden Euro aufgenommen worden. Das seien um fast zweieinhalb Milliarden Euro mehr gewesen als im Vergleichszeitraum 2019.