Bezirksgericht: Ein etwas seltsamer Fall von Notwehr

Vorarlberg / 10.02.2021 • 05:01 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Bezirksgericht: Ein etwas seltsamer Fall von Notwehr
Wie sich die Gewalttätigkeiten abgespielt hatten, darüber stand bei der Verhandlung Aussage gegen Aussage. SYMBOL/VN

32-Jähriger „verteidigte“ sich bei Streit mit Frau recht unsanft: 4000 Euro Geldstrafe.

Bregenz Ist die 34-jährige Frau seine „Ex“ oder Noch-Lebensgefährtin? Bei der Verhandlung am Bezirksgericht Bregenz lässt sich das nicht mit Sicherheit feststellen. Immerhin hatten der 32-jährige Beschuldigte und sein angebliches Opfer mehrmals Geschlechtsverkehr, seit in jener Nacht das geschah – das, wofür sich der Mann nun vor Gericht verantworten muss.

„Es ratterte im Kopf“

„Ich bekenne mich teilschuldig“, sagt der 32-Jährige vor Richter Christian Röthlin. „Ja“, gibt er zu, „ich habe ihr damals das T-Shirt zerrissen. Doch ich war schwer beeinträchtigt.  Sie hat mich an jenem Abend angerufen. 15 bis 20 Mal. Ich solle ihr ein Ladekabel vorbeibringen. Dann bot sie mir ein Verdünnungsgetränk an. Daraufhin wurden meine Füße plötzlich schwammig und es ratterte mir im Kopf!“ Er ist sich sicher, dass sie ihm K.-o.-Tropfen ins Getränk geschüttet hatte.

Gezerrt und gewürgt

Lähmende Müdigkeit überkam ihn. Er habe sich aufs Sofa fallen lassen. „Dann begann sie zu zörneln, mich zu zerren und zu würgen“, erzählt der Beschuldigte. „Ich stieß sie weg, denn ich hatte Angst vor ihr. Es war eine reine Notwehrhandlung. Diese Frau hat nämlich schon zwei Mal versucht, mich mit dem Auto zu überfahren. Und mit dem Messer ist sie auch auf mich losgegangen“, schildert der Beschuldigte.

“Bin doch nicht lebensmüde!”

Die anschließenden Aussagen der 34-jährigen Frau als Zeugin sind geradezu Welten von der Version des Angeklagten entfernt. „Ich soll ihn gewürgt haben? Ich bin doch nicht lebensmüde!“ beteuert sie. Überhaupt sei alles anders gewesen. Von wegen K.-o.-Tropfen. Der Beschuldigte, mit dem sie ein gemeinsames Kind hat, sei an jenem Abend vor der Türe gestanden und anschließend durch das ganze Haus gelaufen. Vermutlich, weil er einen anderen Mann hier vermutet hatte. „Dann ging es los. Er schlug mir in den Bauch, zerrte mich an den Haaren und schleifte mich ins Wohnzimmer. Ich hatte danach noch zehn Tage lang Schmerzen.“ Eine Freundin der 34-Jährigen, die damals ebenfalls im Haus anwesend war, bestätigte Hilferufe des Opfers.

Richter Röthlin spricht den Angeklagten wegen des Vergehens der Körperverletzung schuldig und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 4000 Euro in 400 Tagessätzen. Denn „Notwehr“ nimmt er ihm nicht ab. Auch nicht die von ihm geschilderte hohe Beeinträchtigung. „Dafür waren Sie damals zu aktiv und Ihr Erinnerungsvermögen heute zu gut“, begründet Röthlin. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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