Pendler haben das Nachsehen

Nicht nur bei der Testpflicht, auch bei der Impfung sind Pendler benachteiligt.
Wien, Schwarzach Stefanie Gmeiner hat kein Problem, sich regelmäßig testen zu lassen. „Das ist sinnvoll und nehme ich gerne auf mich“, erzählt die Hohenemserin. Die 34-Jährige arbeitet als Logopädin in einer Schweizer Schule und ist somit einer der rund 17.000 Berufspendler in Vorarlberg. Gmeiner zählt auch zu den knapp 23.000 Personen im Land, die bereits eine Covid19-Infektion hinter sich haben. „Vielleicht brauche ich daher einen anderen Test, damit er nicht erneut ein positiv anschlägt?“, fragt sie sich. Die 34-Jährige wendet sich an die 1450. Dort wird ihr erklärt, dass sie bis sechs Monate nach einer Infektion keinen Test braucht. Ein ärztliches Zeugnis reiche aus.
Falsch. Pendler müssen an der Grenze ein negatives Testergebnis vorweisen, unabhängig davon ob sie bereits Corona hatten oder nicht. Ausnahmen wie in Schulen oder beim Frisörbesuch gelten nicht. Jeder, der pendelt – sei es wegen Beruf, Ausbildung, Familie oder Partner – muss wöchentlich ein negatives Testergebnis vorlegen.
Bezahlen in der Apotheke
Zugang zu kostenlosen Tests gibt es in den Vorarlberger Teststraßen. Auch in Apotheken werden Gratistests angeboten. Für letztere ist aber eine E-Card erforderlich. Pendler müssen die Tests in Apotheken also selbst bezahlen, wenn sie nicht in Österreich krankenversichert sind.
Neos-Mandatar Gerald Loacker kritisiert die Bundesregierung, Pendler vergessen zu haben. Auch sie sollten Zugang zu Gratistests in Apotheken erhalten. Die Landesregierung müsse sich darum kümmern. Geht nicht, heißt es von Seiten der Landespressestelle: „Nach Rücksprache mit dem Bundesministerium ist eine Weitverrechnung solcher Tests über das Land an den Bund leider nicht möglich. Für kostenlose Tests wird an die Teststraßen verwiesen.“
Dass sich genesene Pendler überhaupt testen lassen müssen, bezeichnet Verfassungsjurist Peter Bußjäger als kritisch. Er erkennt darin eine markante Ungleichbehandlung. „Das einzige, was man hier als Begründung gelten lassen könnte, ist, dass es international oder EU-weit keinen standardisierten Nachweis für eine Coronainfektion gibt.“ Auch die Vorarlbergs Landesregierung kann diese Ungleichbehandlung nicht nachvollziehen, wie Landesrat Christian Gantner erklärt. „Wir haben bei der Bundesregierung die Forderung deponiert, dass für Genesene die gleichen Ausnahmen gelten wie bei den Dienstleistungen.“ Das Gesundheitsministerium begründet die Vorgehensweise mit den neuen Varianten des Coronavirus. „Um eine Ausbreitung zu verhindern, sieht die Einreiseverordnung, die nicht nur für einzelne, sondern alle Länder weltweit gilt, keine Ausnahme für genesene Personen vor“, heißt es auf VN-Anfrage.
Keine Gratisimpfung beim Arzt
Eine weitere Ungleichbehandlung bahnt sich bei der Impfung an. Laut Verordnung dürfen niedergelassene Ärzte nur jene Menschen impfen, die in Österreich krankenversichert oder anspruchsberechtigte Angehörige sind. Das Impfen beim Hausarzt geht also nur auf Kassa. Darauf macht auch Neos-Mandatar Loacker aufmerksam: „Gesundheitsminister Rudolf Anschober muss die Verordnung so ändern, dass auch die Impfkosten für Menschen übernommen werden, die in Österreich steuerpflichtig sind, aber als Grenzpendler nicht der gesetzlichen Sozialversicherung in Österreich unterliegen.“
Es dabei zu belassen, wäre problematisch, meint auch Verfassungsjurist Bußjäger. Schließlich dürfte der niedergelassene Arzt den Impfstoff an eine in Österreich nicht krankenversicherte Person nicht verimpfen. In Vorarlberg hätten dadurch viele keine Chance, auf gleichem Weg zu einer Impfung zu gelangen, denn es gebe genügend im Ausland krankenversicherte Pendler. Sie hätten einen gleichwertigen Impfbedarf. Die Regelung in der Verordnung zur Coronaimpfung im niedergelassenen Bereich sei also unsachlich.
Impfstraße statt Hausarzt
Das Gesundheitsressort beschwichtigt: „Alle Personen, die in Österreich leben und geimpft werden wollen, aber keine aufrechte gesetzliche Krankenversicherung haben, können zum entsprechenden Zeitpunkt in einer Impfstraße geimpft werden.“ Nur im niedergelassenen Bereich haben Pendler das Nachsehen. In der Impfstrategie werden sie laut Ministerium nicht zurückgereiht. VN-ebi, ram, mip
„Die Ungleichbehandlung ist schon markant. Das ist ein gleichheitsrechtliche Problem.“
