Drogendezernatsleiter: „Kokain ist längst keine Schicki-Micki-Droge mehr“

Steigender Trend bei Anzeigen im Vorarlberger Rauschgiftmilieu.
Schwarzach Das Landeskriminalamt schlug bereits im Jahr 2019 Alarm: Mit insgesamt 2071 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz war diese Zahl in Vorarlberg noch nie so hoch. Auch wenn sich das Drogendezernat in Bregenz mit aktuelleren Zahlen noch zurückhält, bestätigt dessen Leiter Peter Gruber gegenüber den VN: „Die Zahlen sind in etwa gleichgeblieben, aber ein steigender Trend war bereits in den vergangenen Jahren bemerkbar.“
Preisverfall bei Kokain
Vorarlberger Suchthilfe-Einrichtungen wie etwa die „Koje“ warnten erst unlängst, dass die im Land gehandelte Kokainsubstanz derzeit einen Reinheitsgrad von 99 Prozent erreiche und zu gesundheitlichen Notfällen führe. Dezernatsleiter Gruber relativiert hier etwas: „Bei der Bestimmung des Reinheitsgrades gibt es unterschiedliche Analyseverfahren, etwa in Deutschland. Wir in Vorarlberg können sicher sein, dass das Kokain faktisch eins zu eins aus Südamerika hierher gelangt und einen Reinheitsgrad von 85 bis 87 Prozent aufweist.“ Also gefährlich genug.
Die „Modedroge“ Kokain sei überdies auch schon längst nicht nur in glamourösen Kreisen, sondern auch beim allgemeinen Drogenklientel in Mode gekommen. „Kokain ist keine Schicki-Micki-Droge mehr“ sagt Gruber und begründet dies mit einem bemerkbaren Preisverfall. Auf ebenfalls hohem Niveau befindet sich in Vorarlberg der Konsum des gefährlichen aller Suchtgifte, des Heroins.
Grundsätzlich würden die Anzeigen in allen Bereichen der Suchtmittelkriminalität steigen. Ein leichter Rückgang sei derzeit lediglich bei den „Vergehen“ (Konsum von Cannabis usw.) zu verzeichnen, so der Dezernatsleister. Vorarlberg ist wie alle anderen Bundesländer Konsum- und Transitland sowie Umschlagplatz für illegale Suchtmittel, Sitz verschiedener Tätergruppierungen und Verteilernetzwerke.
Knackpunkt Covid19
Die Corona-Pandemie macht es auch den Drogenfahndern nicht leichter. Gruber: „Unsere Ermittlungen werden dadurch erschwert, dass sich die Suchtgiftkriminalität von der Straße in die häuslichen Gefilde verlagert, vor allem der Konsum. Den Drogenschmugglern selbst erschweren allerdings Grenzschließungen oder das verstärkte Kontrollrisiko bei der Einreise ihre Geschäftspraktiken.“
„Drogenjäger“ der Polizei
In Vorarlberg sind insgesamt 77 Exekutivbedienstete primär für die Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität eingesetzt. Grundsätzlich jedoch sind alle Polizeibeamten für die Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität verantwortlich. Aufgrund der Organisationsstruktur sind in Vorarlberg auf Bundeslandsebene das Landeskriminalamt mit sieben Exekutivbediensteten primär für die Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität bezirksübergreifend zuständig. In den restlichen Polizeidienststellen des Bundeslandes Vorarlberg sind zusätzlich rund 70 Exekutivbedienstete in diesem Deliktsbereich tätig.