Im Dunkeln
Die Fortsetzung der Ibiza-Affäre hat gerade noch gefehlt. „Ibiza“ steht hier nicht für das Video, sondern für das, was der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache darin behauptet hat: Wie Parteienfinanzierung funktioniere; zum Teil im Dunkeln nämlich, in Form von Spenden für Gefälligkeiten. Jetzt ist Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) mit einem solchen Vorwurf konfrontiert. Er weist ihn zurück. Gestern hat er eine eidesstaatliche Erklärung dazu abgegeben. Möge sich diese Sache schnell klären, denn ein Finanzminister, der in Zeiten wie diesen den Kopf nicht frei haben kann, ist untragbar.
Es ist kein Zufall, dass sich Blümel so zur Wehr setzen muss: In Österreich gibt es ein System, dem ein sauberer Umgang mit Politikfinanzierung ebenso fremd ist wie Transparenz. Es kommt nicht von irgendwoher, dass Interessenvertreter da und dort auf die Idee kommen, mit Geld zu winken; es kommt nicht von irgendwoher, dass Zuwendungen (zum Beispiel) für Inserate in Zeitschriften von Parteien, Funktionären und ihren Vereinen einen Geruch haben. Hier wird derlei nicht auf das Entschiedenste zurückgewiesen oder generell unterlassen. Es handelt sich vielmehr um geheimnisvolle Geschichten.
Undurchsichtige Finanzen
Natürlich ist der eine Fall schwerwiegender als der andere. Auch der, der es am wenigsten ist, geht jedoch zu weit: Um gar nicht erst einen Geruch aufkommen zu lassen, hätten Politiker und Parteien bei allem, was sie tun, sich entweder mit Bezügen und Förderungen zu begnügen, die sie bekommen; oder sie hätten jeden Cent auf der Stelle offenzulegen. Genau das aber ist in Österreich nicht die Regel. Die Organisation „Transparency International“ hält fest, dass der Begriff Korruption so undurchsichtig sei wie Strukturen, in denen Korruption gedeiht. Hierzulande ist der Boden potenziell zu fruchtbar dafür. Parteien müssen grundsätzlich nur Einnahmen und Ausgaben ausweisen; und auch das lediglich zusammengefasst nach ein paar Kategorien. Der Rechnungshof hat keine Möglichkeit, nachzuprüfen. Vermögensverhältnisse sind unbekannt. Zur SPÖ gibt es eher Spekulationen, wie dreckig es ihr wirklich geht, zur ÖVP gar nichts, obwohl sie laut Rechenschaftsberichten 2013 bis 2018 kumuliert Kredite in Höhe von 31 Millionen Euro aufgenommen und gerade einmal zehn zurückbezahlt hat (ältere und jüngere Berichte liegen nicht vor).
Üppige Parteienförderung
Es hat einen guten Grund, dass die Parteienförderung in Österreich so hoch ist und Politiker passabel bezahlt werden: Sie sollen genug haben, um unabhängig sein zu können. Umso größer wäre ihre Verpflichtung, strengste Regeln und maximale Transparenz walten zu lassen, wenn sie noch mehr brauchen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist einst mit dem Versprechen angetreten, sich darum zu kümmern. Die Grünen erklären, sie wären dafür zu haben. Es rächt sich, dass es bisher nur bei Lippenbekenntnissen geblieben ist. Wenn bereits ernst gemacht worden wäre, könnte es kaum noch eine Fortsetzung von Ibiza geben. Ja, in die Zukunft geschaut würden einem Gernot Blümel Auseinandersetzungen mit der Justiz erspart bleiben. Ganz einfach, weil dann das System jeden Missbrauch schwer bis unmöglich machen würde.
„Es ist kein Zufall, dass sich Blümel so zur Wehr setzen muss: In Österreich ist zu viel möglich.“
Johannes Huber
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Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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