Mutationen
Das Gezerre um die Verkehrsbeschränkungen für Tirol war keine Werbung für das Krisenmanagement von Bund und Land. Dies trifft sowohl auf das Problembewusstsein in Tirol als auch die Durchsetzungsfähigkeit des Bundes zu. Wenn dem Gesundheitsminister das Vorgehen des Landeshauptmannes als zu lax erscheint, ist er verpflichtet, ohne Verzug entweder selbst die richtigen Maßnahmen anzuordnen oder den Landeshauptmann anzuweisen, diese zu ergreifen. Beides ist nicht geschehen. Vielmehr wird jetzt auf eine seltsame Verkehrsbeschränkung ausgewichen, die mehr Fragen offen lässt als löst.
Wenn die Mutation des Virus so gefährlich ist, warum stellt man nicht die Hotspots in Tirol unter Quarantäne und lässt stattdessen das Virus im Land zirkulieren und sich dort ausbreiten? Wenn sich nämlich die Mutation im Land erst einmal flächenhaft ausgebreitet hat, wird man das Einschleppen im Rest Österreichs mit bloßem Eintesten wohl nicht mehr wirkungsvoll verhindern können.
Die grundsätzliche Frage ist jedoch, wie in Zukunft mit Mutationen umgegangen wird. Gibt es bei jeder neuen verdächtigen Mutation, an die der Impfstoff erst einmal angepasst werden muss, einen neuerlichen Lockdown und wie viele Jahre halten wir das durch? Grenzkontrollen auf der Arlbergbahnstrecke und vor dem Arlbergtunnel aufzubauen, kann doch keine dauerhafte Lösung sein.
Die Alternativen können wohl nur in einer transparenten Nachverfolgung von Infektionsfällen und einer raschen Identifizierung von Mutationen liegen, um allenfalls erforderliche Isolierungen so klein wie möglich zu halten. Dazu muss rasch gehandelt werden und die regionalen Behörden müssen ihre Verantwortung schneller als sich das Virus verbreiten kann wahrnehmen. Das Abriegeln ganzer Länder, wie es in Europa mehr und mehr geschieht, kann doch nicht die Zukunft sein.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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