Per Video zu Besuch im Pflegeheim

VN-Aktion Gemeinsam gegen einsam: Sozialzentrum Bürs setzt auf Videotelefonie.
Bürs Ingeborg Brandfellner (81) lebte mehrere Jahre in einer betreuten Wohnung, die dem Sozialzentrum Bürs angeschlossen ist. Eine Mohi-Helferin besuchte die gebürtige Niederösterreicherin regelmäßig. Als diese nicht mehr kam, vereinsamte Ingeborg. Die alte Frau fühlte sich „von allen verlassen“. Sie hatte keinen Appetit und keinen Antrieb mehr. Sie aß kaum mehr und schaffte es nicht mehr, in ihrer Wohnung Ordnung zu halten. Glücklicherweise blieb ihre Misere nicht unbemerkt. Wolfgang Purtscher, der Leiter des Sozialzentrums Bürs, holte sie im vergangenen Frühling ins Heim. Seit sie hier ein Zimmer hat und nicht mehr allein wohnt, geht es Ingeborg besser. Denn jetzt hat sie wieder Kontakt zu Menschen.
Ingeborg mischt sich gerne unter die Bewohner des Altersheims. Die größte Freude bereitet es ihr, wenn sie anderen helfen kann. Sie dreht zum Beispiel mit den Mitbewohnern, die im Rollstuhl sitzen, kleine Runden. Auch sonst tut sie viel fürs Heim. Sie bastelt gerne Deko, malt Bilder und ist in der Theatergruppe aktiv. All das macht der geschiedenen Frau Freude und lenkt sie außerdem davon ab, dass es in ihrem Leben derzeit keinen Menschen gibt, zu dem sie einen richtig engen Kontakt hat.
Einsamkeit durch Coronakrise
Es macht sie traurig, dass ihre zwei Kinder weit weg wohnen und nur ganz selten auf Besuch kommen. Gegen die Traurigkeit hat sie aber ein Rezept. „Wenn ich mir einen Film anschaue, in dem Tiere, schöne Landschaften oder Gärten gezeigt werden, dann bin ich wieder fröhlicher. Das baut mich auf.“ Freilich ändert das nichts daran, dass sich ihr Herz nach einer tiefen Verbindung mit einem Menschen sehnt. „Eine Freundschaft zu einem Menschen, der gut und lieb ist, wäre schön.“
In Zeiten von Corona ist es aber schwer, neue Beziehungen aufzubauen. Doch Ingeborg setzt ihre Hoffnung auf die VN-Aktion „Gemeinsam gegen einsam“ (siehe Text im Text), bei der sich Freiwillige digital mit einer Seniorin oder einem Senior austauschen und ihnen in diesen schwierigen Zeiten Zeit und Freude schenken können. Ingeborg freut sich über jeden, der mit ihr Kontakt haben und Gespräche führen möchte – aufgrund der Corona-Situation vorerst allerdings nur übers iPad. „Ich würde ihr oder ihm zuwinken und fragen: ,Wer sind Sie‘“, hat sie sich schon Gedanken darüber gemacht, wie sie das Gespräch per Videochat beginnen würde.
Ingeborgs Mitbewohnerin Agnes Rettenberger (92) nutzt die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation schon seit ein paar Wochen. Via Skype steht sie jeden zweiten Tag mit ihren Lieben in Verbindung. Gerade hat sie mit ihrer Tochter und ihrem zwölfjährigen Enkel geskypt. „Enric war heute Ski fahren. Er fährt wie ein Wilder“, erzählt die betagte Frau schmunzelnd. Agnes freut sich immer, wenn sie ihre Lieben sieht, und sei es nur übers Tablet. „Hauptsache, man sieht sich.“ Auch übers Telefon hält sie Kontakt zu ihren Angehörigen. Ihre Kinder rufen täglich an, die Tochter sogar ein paar Mal am Tag. „Sie würde mich jeden Tag besuchen, wenn sie könnte.“ Das ist derzeit aber nicht möglich. Seit November darf pro Woche nur ein Angehöriger ins Heim kommen, und dieser muss auf Corona negativ getestet sein. Agnes hat sich mit der Situation abgefunden. Im Lauf ihres Lebens hat sie gelernt, Dinge anzunehmen, die sie nicht verändern kann. In wenigen Tagen wird sie 93 Jahre alt. Das hohe Alter brachte eine gewisse Lebenssattheit mit sich. Aber heute erfreut sie sich des Lebens. Bereits am Morgen unterhielt sich Agnes blendend mit den Frauen an ihrem Tisch. Dann skypte sie mit ihren Lieben und erfuhr das Neueste. Und jetzt freut sie sich schon auf den Abend. Da läuft im Fernseher nämlich eine Quizsendung. VN-KUM
„Eine Freundschaft zu einem Menschen, der gut und lieb ist, wäre schön.“


