Wenn Minister gehen

Ministerrücktritte sind in Österreich eher selten. In der Geschichte der Zweiten Republik waren Korruptionsskandale häufig die Ursache vorzeitiger Abgänge: Das kurz nach Kriegsende geschaffene Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung entwickelte sich rasch zu einem Selbstbedienungsladen. Ressortchef Peter Krauland (ÖVP) ließ Vermögen zu den beiden Großparteien umleiten. Als ein Fabrikant Geld an die ÖVP spenden musste, um seine beschlagnahmte Papierfabrik zurückzubekommen, wurde der Skandal öffentlich. Da war Krauland sicherheitshalber schon abgelöst worden. Er wurde angeklagt, aufgrund einer Amnestie aber nie verurteilt. Minister Fritz Bock (ÖVP) musste 1968 wegen Veruntreuungen im Rahmen eines Bauskandals zurücktreten. Die Westautobahn hatte wegen Baufälligkeit teilweise gesperrt werden müssen.
Einer seiner Nachfolger als Bautenminister, Karl Sekanina (SPÖ), stolperte 1986 über eine Villa, die ihm ein Bauunternehmer als Dank für öffentliche Aufträge überlassen haben soll. Innenminister Karl Blecha (SPÖ) musste im Zuge der Lucona-Affäre wegen seiner Beziehung zum Mörder Udo Proksch zurücktreten und wurde wegen Beweismittelunterdrückung und Urkundenfälschung verurteilt. Verteidigungsminister Robert Lichal (ÖVP) musste 1990 zwar wegen der Oerlikon-Affäre gehen – Grund war die überteuerte Anschaffung von Leuchtmunition in Kombination mit einer möglichen Parteispende –, entging aber der Anklage. Der Justizminister hatte dem zuständigen Staatsanwalt kurzerhand den Fall entzogen.
Andere hatten eigenwilligere Rücktrittsgründe: Karl Maisel (SPÖ) trat 1956 zurück, weil es ihn nach eigenen Angaben einfach nicht mehr interessierte, weiter Minister zu sein. Ein Sonderfall war auch Handelsminister Udo Illig (ÖVP). Der als temperamentvoll geltende Dreifachdoktor bot Julius Raab aus Protest so häufig seinen Rücktritt an, dass dieser ihn eines Tages unerwartet annahm.
Sozialminister Rudolf Häuser (SPÖ) wiederum wollte aus Altersgründen längst abtreten, wurde aber von Kanzler Kreisky zunächst davon abgehalten. Schließlich erfuhr er aus der Zeitung, dass er doch zurücktreten werde. Den alternden Landwirtschaftsminister Oskar Weihs (SPÖ) ließ Kreiskys durch einen neu bestellten Staatssekretär politisch besachwalten, was dieser mit Rücktritt quittierte. Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) stolperte über seine Steuerberatungskanzlei.
Sein Nachfolger Herbert Salcher (SPÖ) stürzte anschließend über seinen Vorgänger, gegen den er eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht hatte. Aktuell lässt der nächste Rücktritt noch auf sich warten, der dazugehörige Skandal wäre bereits da.

Moritz Moser ist Journalist in und aus Feldkirch. Twitter: @moser_at