Letzter Akt im Fall Soner Ö.
Am Mittwoch steht das Berufungsverfahren in Innsbruck an. Dann ist das Strafverfahren abgeschlossen.
Schwarzach, Feldkirch, Innsbruck Bald ist es vorbei. Am 6. Februar 2019 marschierte Soner Ö. in die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn und erstach den Leiter der Sozialabteilung. Am 17. Februar 2021 ist das Strafverfahren abgeschlossen. In Innsbruck findet das Berufungsverfahren statt. Es geht nur noch um die Strafhöhe, danach ist das Urteil rechtskräftig. Die Folgen der Tat bleiben: An den Türen der öffentlichen Gebäude in Vorarlberg stehen Sicherheitsmitarbeiter. Wer ins Gebäude möchte, muss eine Schleuse wie am Flughafen passieren. Politisch dient der Mord immer noch als Vorwand für die Forderung nach einer Sicherungshaft. Und die Vertreter der Opferfamilie haben die Republik auf Amtshaftung verklagt. So gesehen endet am Mittwoch nur ein Handlungsstrang.
Am 22. Jänner 2020 wird Soner Ö. am Landesgericht Feldkirch wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Anwälte legen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Ersteres wurde vom Obersten Gerichtshof bereits abgewiesen, bleibt die Berufungsverhandlung. Theoretisch könnte die Strafe bis auf 15 Jahre reduziert werden. Praktisch stehen die Chancen hoch, dass es bei lebenslang bleibt.
Verantwortungsfrage
Die Motive der Tat sind umstritten. Handelt es sich um eine Tat des Geldes wegen? Die Grundversorgung für Asylwerber stand ihm zu, sie wurde ihm zunächst aber nicht ausbezahlt. Handelt es sich um eine Beziehungstat, wie Verteidiger Ludwig Weh argumentiert? Opfer und Täter kannten sich Jahrzehnte. Soner Ö. sammelte 15 Vorstrafen, bevor er aus Österreich abgeschoben wurde. Das spätere Opfer hatte damals zunächst als Polizist und später bei der Fremdenpolizei mit Soner Ö. zu tun. Oder handelt es sich um kaltblütige Rache? Der Mord geschah zehn Jahre nach der Abschiebung. Das Gericht war sich am 22. Jänner 2020 sicher: Die Tat war heimtückisch und äußerst brutal. Die Geschworenen sprachen Soner Ö. mit 8:0 Stimmen schuldig. Seit dem Prozess befindet sich Soner Ö. in der Justizanstalt Innsbruck. Nach der Berufungsverhandlung dürfte er jedoch verlegt werden.
Die Justiz wird sich aber weiter mit dem Fall beschäftigen. Und zwar mit der Frage: Wie kann es sein, dass ein mehrfach vorbestrafter Mann mit Aufenthaltsverbot um Asyl ansucht und danach nach Vorarlberg reisen darf? Zumal die Landesverwaltung davor warnte? Hätte man Soner Ö. festhalten können? Das Innenministerium sagt Nein. Es gibt aber auch Experten, die das anders sehen. Für Stefan Denifl, der die Opferfamilie vertritt, ist klar: „Wir sind überzeugt, dass das Innenministerium verantwortlich ist.“ Er hat deshalb gemeinsam mit Nicolas Stieger die Republik auf Schadenersatz für die Opferfamilie verklagt. Das Landesgericht Feldkirch hat sich nun für nicht zuständig erklärt. Die mögliche rechtswidrige Handlung sei nicht in Vorarlberg geschehen, sondern im Ministerium in Wien. Der Beschluss des Feldkircher Gerichts kann noch bekämpft werden. Ob das geschieht, lässt Denifl offen.
Auch das Asylverfahren von Soner Ö. ist noch nicht abgeschlossen. Der türkische Staatsbürger kam zwar in Vorarlberg auf die Welt und wuchs in Lustenau auf, nach seiner Abschiebung suchte er aber um Asyl an. In erster Instanz wurde das Ansuchen bereits abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht behandelt derzeit die Beschwerde. VN-mip