Bundesstaatsanwalt statt Justizministerin?

Vorschlag der ÖVP nach Hausdurchsuchung bei Blümel.
wien Staatsanwälte sind an die Anordnungen ihrer Vorgesetzten gebunden. Dass an der Spitze dieser Pyramide die Justizministerin steht, ist seit Langem Anlass für Kritik. Viele wünschen sich einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt, wie ihn nun auch die ÖVP nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel vorschlägt. Lange Zeit war sie dagegen. Sie könne in so einer Reform „keine wirkliche Verbesserung erkennen“, meinte die damalige Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) 2011.
SPÖ, Grüne und Neos sind seit Langem dafür. Das Thema sei aber „zu wichtig, um als türkise Nebelgranate zu enden“, so Neos-Justizsprecher Johannes Margreiter mit Blick auf ein vermutetes Ablenkungsmanöver der ÖVP.
Die Unabhängigkeit der österreichischen Staatsanwälte ist im Vergleich unterentwickelt. Selbst Länder, in denen die Justizminister ein Weisungsrecht besitzen, schränken dieses oft ein. So dürfen in Frankreich keine Weisungen in Einzelfällen erteilt werden. Nach einem Bericht des Europarates aus dem Jahr 2018 waren die Staatsanwälte in nur 14 von 46 Staaten den Weisungen des Ministers unterstellt. In 18 Staaten, darunter auch Österreich, war es den Justizministern möglich, die Einstellung von Verfahren anzuordnen.
Ermittlungen gegen Blogger
Aber auch völlig entkoppelte Ankläger sind keine Garantie für einen reibungslosen Ermittlungsbetrieb. So wurde der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range 2015 entlassen, nachdem seine Behörde gegen Blogger wegen Landesverrats ermittelt hatte. Die Kritik des Justizministers hatte er einen „unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz“ genannt.
Berichte vergessen
„Selbst wenn man dem Minister nicht unterstellen wollte, dass er politisch verbrannte Weisungen geben sollte, bleibt doch ein unguter Verdacht in der Öffentlichkeit“, meine der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler. Ein Chefankläger sollte vom Parlament gewählt werden und dem Parlament verantwortlich sein. Der Nationalrat müsste seine Kontrollrechte aber auch wahrnehmen. So vergaßen die Justizminister 2010 und 2017, dem Parlament den jährlich vorgeschriebenen Bericht über ihre Weisungen an die Staatsanwaltschaften vorzulegen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. MOMO