Grüne halten der ÖVP weiter die Stange

Keine Zustimmung zu Misstrauensantrag, aber deutliche Kritik.
wien Die Grünen bleiben koalitionstreu. Dem von allen Oppositionsparteien unterstützten Misstrauensantrag der FPÖ gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Nationalrat stimmten sie am Dienstag nicht zu. Vor der Sondersitzung rund um die Vorgänge um die Hausdurchsuchung bei Blümel sparte Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer aber nicht mit Kritik am Koalitionspartner. „In den letzten Tagen mussten wir leider den Eindruck gewinnen, dass die ÖVP ein gestörtes Verhältnis zur unabhängigen Justiz hat.“ Bei kritischen Entscheidungen werde die Justiz von der ÖVP ohne Rücksicht auf Verluste kritisiert. „Es gibt offensichtlich eine sehr große Nervosität innerhalb der ÖVP.“
Die Faktenlage reiche derzeit nicht für eine Zustimmung zum Misstrauensantrag. „Der Beschuldigtenstatus ist kein Urteil.“ Doch sollten sich die Vorwürfe erhärten oder sogar Anklage erhoben werden, müsse Blümel gehen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Blümel wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung durch den Glücksspielkonzern Novomatic. Blümel müsse „alles dazu beitragen, diesen Fall aufzuklären“, forderte Maurer. Eine eidesstattliche Erklärung sei kein Beweis, sondern eine Behauptung.
ÖVP-Klubchef August Wöginger meinte in einer schriftlichen Stellungnahme: „Wir bekämpfen gerade gemeinsam eine Pandemie und arbeiten parallel das gemeinsame Regierungsprogramm Schritt für Schritt ab.“ Neben Maßnahmen wie den Wirtschaftshilfen oder der Verlängerung der Kurzarbeit arbeite man auch an anderen Projekten, wie zum Beispiel am Transparenz- und Informationsfreiheitspaket. Darüber hinaus sei nun eine schnelle Reform der Justiz mit der Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts an der Spitze notwendig.
89 Fragen an Blümel
Die FPÖ brachte unterdessen eine Dringliche Anfrage in die Sondersitzung des Nationalrats ein. In der Begründung dazu bezeichnete sie die Hausdurchsuchung bei Blümel nicht nur als einzigartigen Vorgang, sondern auch als „traurigen Höhepunkt einer dramatischen Serie des Versagens und der Vertuschung insbesondere des ÖVP-Teils einer türkis-grünen Bundesregierung“. Blümel musste 89 Fragen beantworten. Auch gegen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) brachte die FPÖ einen Misstrauensantrag ein. Er fand keine Mehrheit.
„Wir mussten den Eindruck gewinnen, dass die ÖVP ein gestörtes Verhältnis zur unabhängigen Justiz hat.“