Jetzt hat Johanna den Putzfimmel

22-jährige Kellnerin spricht über ihren Arbeitslockdown.
LUSTENAU Johanna Blaser kann sich noch genau an jenen Tag erinnern, als ihr Berufsleben die coronabedingte Wende nahm. Am 16. März des Vorjahres war das. „Ich servierte einem Gast, der mich unlängst an dieses Datum erinnerte, noch eine Lasagne. Danach war zum ersten Mal für mehrere Wochen Schluss.“ Ab 15. Mai wähnte die gesellige Lustenauerin den Albtraum hinter sich. Die Gasthäuser – wenn auch mit Einschränkungen – öffneten wieder. Johanna Blaser genoss den über den Sommer den Kellnerinnenstress („Das brauch‘ ich“), war guter Dinge. Und sie freute sich auch schon wieder auf ihren Wintersaisonjob im Almhof Schneider in Lech.
Statt in Lech zu Hause
„Doch es kam anders, wie wir ja alle wissen“, stellt die umtriebige junge Dame lapidar fest. Als sich Ende Oktober die Pforten an ihrem Arbeitsplatz, dem Piazza Azzura in Lustenau, erneut schließen, hofft Johanna auf die Wintersaison. Am 10. Dezember hätte sie im Almhof Schneider in Lech anfangen sollen. Dort, wo sie schon zwei Saisonen zuvor war, und wo es ihr so gut gefallen hatte. Doch auch da heißt es plötzlich: Nichts geht mehr. „Ich hatte daraufhin fast jede Woche Kontakt mit der Familie Schneider. Aber die wussten auch nicht, wie es weitergeht. Sie baten mich nur, zu warten und bereit zu sein, falls sie aufsperren dürfen.“
Arbeitssuche
Spätestens im Jänner ist klar: Es geht nichts. „Ich sagte den Schneiders, die wie das ganze Team immer so nett mit mir waren, ich könne nicht mehr warten. Das haben sie natürlich verstanden.“ Johanna sucht Arbeit. Sie hätte im Handel genauso gearbeitet wie in einer Bäckerei. „Aber das ist derzeit schwierig.“ Insgeheim hofft sie noch immer auf die Gastronomie. Zu Hause muss sie sich abreagieren. „Ich stehe jeden Tag um 6 Uhr in der Früh auf, putze, wasche und koche. Jeden zweiten Tag sind die Fenster dran. Ich lebe mittlerweile in einer Beziehung und habe ja Zeit für den Haushalt.“ Ihren Freud hat Corona wirtschaftlich auch erwischt. Er ist auf Kurzarbeit. „Jeden Cent drehen wir um. Es ist nicht so einfach.“
Johanna lässt sich vom AMS Weiterbildungskurse vermitteln. „Ich arbeite gerade daran, Lehrlingsausbildnerin zu werden.“ Eine weitere Ausbildung macht sie zum Käsesommelier.
Kein Hadern
Doch sie denkt immer an die Gastronomie. „Am 1. Mai könnte ich über den Sommer im Mr. French in Dornbirn anfangen. Ich stehe dem Chef dort im Wort. Könnte …“ Danach würde sie gerne in der gehobenen Gastronomie als Bedienung weiterarbeiten. Nach Lech möchte Johanna nicht mehr. Der Liebe wegen. „Vier Monate weg von zu Hause – das ist mir jetzt einfach zu viel.“
Mit ihrem Los hadert Johanna nicht. „Mir geht es grundsätzlich gut. Es ist Jammern auf hohem Niveau.“ VN-HK
