Gegen allen Trüb-Sinn

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Vom Fasching haben wir heuer nicht viel gemerkt. Der Name kommt von Fast-Schank. Gemeint ist das Ausschenken der Fastensuppe am Aschermittwoch. Und – werden wir von der Fastenzeit mehr spüren als von der Fasnacht? Im Grunde sind diese Wochen bis Ostern keine negative, trübe Zeit mit dem Aufruf zum Fasten, Verzichten, Opferbringen, Buße-Tun, sondern wir feiern bewusster als sonst das große Ja Gottes zu uns Menschen und unserer Welt. Immer wieder sagt er sinngemäß: „Ihr Menschen, ich kann ja gar nicht anders als euch zu lieben, auch wenn ihr mir untreu seid und davonlauft. Ich bleibe bei meinem Ja zu euch. (vgl. Hos 11, Gen 9,11 u.a.) Unwiderruflich, endgültig verkörpert Jesus dieses bedingungslose Ja Gottes zu uns (2Kor 1,19). Und jetzt ist unsere ganze Lebenszeit nur ein winziger Moment in den Jahrmilliarden, in dem Gott auf unsere Antwort, unser Ja wartet.
In der St. Michaelskapelle auf dem Weg zur Basilika in Rankweil gibt es eine interessante akustische Installation der Künstlerin Annekatrin Dolven aus Norwegen. Wenn man auf ein Pedal tritt, ertönt ein lautes gemeinsames „Ja“ von 40 Frauen als „Echo“ auf Gottes Zusagen. Für mich klingen drei Stimmen besonders heraus:
Ja zu unserer Welt im Denken und Handeln
Die Welt ist einerseits die Natur, die ohne Menschen überleben kann, aber nicht wir ohne sie. „Wie viele Bäume werden gefällt, wie viele Wurzeln gerodet – in uns!“ (Reiner Kunze) Mit der Umwelt machen wir uns selbst kaputt. Zusammen mit der Greta Thunberg schreien alle Kinder und Jugendlichen kommender Zeiten auf, die ein Recht haben auf eine lebenswerte Schöpfung. Zur Welt gehören natürlich auch alle Menschen. Bei der Amtseinführung des Präsidenten Joe Biden erklärt die junge Poetin Amanda Gorman in einem berührenden Gedicht: „Wir streben danach, gezielt eine Gemeinschaft zu schmieden. Ein Land zu bilden, das sich allen Kulturen, Farben, Charakteren und menschlichen Lebensverhältnissen verpflichtet fühlt. Und so erheben wir den Blick nicht auf das, was zwischen uns steht, sondern auf das, was vor uns steht.“ Um nur ein aktuelles Beispiel bei uns zu nennen: In der Flüchtlingsfrage sind wir weit davon entfernt.
Ja zur Hoffnung im Denken und Handeln
Veränderung ist ein Geburtsrecht. „Leben heißt sich wandeln, und vollkommen sein, sich oft gewandelt haben“ (Kardinal Newman), unaufhörlich. Und ich hoffe, dass allen schlechten Erfahrungen zum Trotz wir dennoch an das Gute glauben und uns dafür einsetzen. Amanda Gorman sagt in ihrem Gedicht weiter: „Wir sind alles andere als lupenrein, alles andere als makellos, aber das bedeutet nicht, dass wir nicht danach streben, eine Gemeinschaft zu bilden, die perfekt ist!“ Das wird uns zwar nie ganz gelingen, aber wir sollten darauf hoffen und dafür kämpfen, dass sich doch da und dort die Lebensbedingungen gerade der Benachteiligten zum Guten wandeln. Ich habe es in Äthiopien erlebt, dass die Menschen wieder auf ein besseres Leben hoffen lernten. Die strahlenden Gesichter der Kinder in den Slums oder – schon fortgeschritten – in den Schulen sind Zeichen dafür. Ich bin zwar manchmal etwas skeptisch, wenn ich bei uns radikale Demonstranten sehe, die in blinder Aggression alles zerstören, aber es gibt Gott sei Dank auch viele Menschen „guten Willens“ unter uns. Auf die hoffe ich.
Ja zur Solidarität, zur Liebe im Denken und Handeln
Auch das bringt Amanda Gorman zum Ausdruck: „Wir wollen Schaden für keinen und Harmonie für alle…Es gibt immer Licht, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein!“ Und hell wird es, wenn wir in das Gesicht eines anderen blicken und darin einen Menschenbruder oder eine -schwester erkennen.
Der gute Paulus hat immer noch Recht mit seinem Wort: „…hätte ich aber die Liebe nicht, wäre ich nichts!“ (1Kor 13,2).
Statt des Slogans „America first“ sollte es heißen: „Menschlichkeit oder Gerechtigkeit oder Menschenrechte oder Freiheit oder die Liebe zuerst!“
Das positive Fastenprogramm könnte lauten: Weil Gott Ja sagt zu uns, sagen auch wir es zur Welt, zur Hoffnung, zum Menschen.
Nachtrag: Dass das Ja zu diesen Werten oft auch ein Nein fordert, ist ein anderes Thema.
