Tausende Risikopatienten warten bisher vergeblich auf Impftermin

Exklusive Zahlen: Wie viele von den über 80-Jährigen und den Risikopatienten geimpft sind bzw. eine Impfeinladung haben.
Bregenz Der Impfstart war holprig. Vordrängler und Impfpriviligierte haben zuletzt im Land für reichlich Unmut gesorgt. Aktuelle Zahlen machen deutlich, dass besonders gefährdete Personengruppen bisher größtenteils leer ausgegangen sind. Während nach offiziellen Angaben 176 Menschen ohne besonderen Bedarf eine Impfung erhalten haben, sich also vordrängeln konnten, warten Tausende Risikopatienten auf die begehrte Covid-Vakzine. Auch bei den über 80-Jährigen ist die Impfquote dramatisch niedrig.

Die Zahlen im Detail. Mit dem gestrigen Tag waren in Vorarlberg 15.671 Risikopatienten auf der Impfvormerkplattform registriert, lediglich 1159 von ihnen wurden bisher geimpft. Bei jenen Patienten mit einer Risikoeinschätzung, die eine Teilnahme laut Impfplan des Landes in Phase 1 erlaubt, haben bisher 3861 Menschen weder eine Impfung noch eine Einladung erhalten. Bei den Hochrisikopatienten sind demnach erst 16 Prozent geimpft, bei jenen mit einem etwas geringeren Risiko (Phase 2) nur eben einmal 3,2 Prozent.
Niedrige Anmeldequote
In den letzten Tagen haben sich viele aufgebrachte Leser gemeldet. Eine unglückliche Kommunikation hat Anfang Woche für Irritationen gesorgt. Phase 1 des Vorarlberger Impfplans sei so gut wie bewältigt, ließ die zuständige Landesrätin Martina Rüscher über die Landespressestelle wissen. Eine „missverständlich formulierte Überschrift“ bedauert man im Landhaus. Die Aussage habe sich auf jene Phase-1-Personen bezogen, die mit dem AstraZeneca-Impfstoff für unter 65-Jährige versorgt werden können. Über 80-Jährige und Hochrisikopatienten würden indes weiterhin vorranging geimpft, so die Gesundheitslandesrätin. Das scheint auch dringend notwendig, wie die aktuelle Zwischenbilanz verdeutlicht. Demnach wurde bisher erst jeder Dritte über 80-Jährige (2674), der auf der Impfvormerkplattform steht, geimpft. Weitere 2698 Personen haben zwischenzeitlich zumindest eine Einladung erhalten – 2374 warten noch darauf. Auffallend ist, wie wenige in der hohen Altersgruppe sich überhaupt vormerken ließen. Bei knapp 20.000 Menschen im Land liegt die Anmeldequote bei lediglich 40 Prozent.
Dass es Nachholbedarf gibt, ist auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner bewusst. Das hänge auch mit der Empfehlung des nationalen Impfgremiums zusammen, nur bestimmte Impfstoffe zu verwenden. „Der AstraZeneca-Impfstoff, von dem wir in Zukunft am meisten haben, soll dort nicht eingesetzt werden. Das heißt, wir haben für diese vulnerable Gruppe weniger Impfstoff zur Verfügung und kommen langsamer voran“, erklärt Wallner und blickt nach vorne. „Bis April werden große Schritte gemacht, im 2. Quartal sowieso.“
Zudem könnte eine überarbeitete Impfempfehlung auf Basis neuer Studien eine völlig andere Ausgangsposition schaffen. Dann, wenn AstraZeneca auch bei über 80-Jährigen verimpft werden könnte. „Dann würde der Impfplan auf den Kopf gestellt und alle über 80-Jährigen vorgezogen“, so Wallner.
„Vieles falsch gemacht“
Von einem „organisatorischen Versagen“, spricht der Neos-Gesundheitssprecher im Nationalrat, Gerald Loacker mit Blick auf die Vorgänge im Land. 22-jährige Apothekenhelferinnen hätten den Biontech-Pfizer-Impfstoff erhalten, während man AstraZeneca-Impfstoff nun nicht bei den Älteren verwenden könne. „Die Leute mit guten Kontakten und dem richtigen Beruf kommen alle dran. Wenn jemand 85 ist und alleinstehend, dann hat er keine Lobby“, kritisiert Loacker. Auch die niedrige Anmeldequote der über 80-Jährigen wundert ihn nicht. Man habe sich keine Gedanken gemacht, wie man die Generation 80plus, die vielleicht keinen Computer für eine Online-Anmeldung hat, erreichen könne.
Mitarbeit/Thementeam: Birgit Entner-Gerhold, Michael Prock