Auf holprigen Impfstart folgt neue Hoffnung

Viele Über-80-Jährige müssen warten. Nun nimmt das Tempo zu.
Schwarzach Auf den Tag genau vor zwei Monaten war es soweit. Die ersten Vorarlberger wurden gegen das Coronavirus geimpft. Mittlerweile sind einige Tausend in den Genuss der Spritze gekommen. Allerdings tröpfeln die Dosen nur langsam, noch dazu fehlt es an Impfstoff für Über-65-Jährige. An der Reihe wären jetzt alle über 80. Von jenen, die sich für eine Impfung vorgemerkt haben, kam bisher aber nur ein Drittel zum Zug. Alle andern müssen warten, auch das Ehepaar Wild aus Bregenz. Seit 18. Jänner kann man sich online für die Impfung registrieren, die Wilds haben das gleich am 19. getan. Günter Wild verliert langsam die Geduld. Seine Gattin ist 80 Jahre und ziemlich angeschlagen, erzählt er. „Man kann nichts tun. Das ärgert mich, vor allem weil sich so viele für eine Impfung durchgemogelt haben, bevor meine Frau eine Impfung bekommt.“ Auch Wild ist Risikopatient. Der Mann ist 74 und leidet an Muskelschwund. Seine Priorisierung habe am Donnerstag geklappt. „Ich musste so viel herumtelefonieren.“ Man überlasse die ältere Generation einfach ihrem Schicksal. „Viele fühlen sich beim Anmelden und Priorisieren sicher überfordert. Das tut weh.“ Dem 74-Jährigen fehlt die Perspektive. Er und seine Frau leben daheim mit Hauskrankenpflege. „Wären wir im Altersheim, hätten wir unsere Impfung schon längst.“
Zuerst das Chaos
Am 27. Dezember 2020 wurden im Zuge eines EU-weiten Auftakts die ersten 220 Altenheimbewohner in Vorarlberg geimpft; nicht ohne vorangehende Debatte. Die Landesregierung verzichtete zunächst zugunsten eines Pilotprojekts. Nachdem es hieß, es sollen fünf Dosen für eine Medienaktion eingeflogen werden, regte sich Protest. Daraufhin nahm man die 220 Dosen doch. Die Heime hatten drei Tage Zeit, die Impfung zu organisieren, eine ausführliche Back-up-Liste gab es nicht. Immer wieder mussten spontan Menschen gefunden werden, damit nichts übrig bleibt.
Ähnlich war es bei der großen Impfaktion am zweiten Jännerwochenende. Offizieller Impfstart wäre einige Tage später gewesen, dann aber war der Impfstoff früher greifbar. Das Land bestellte auf gut Glück 5000 Dosen – sie wurden geliefert und die Verantwortlichen damit überrascht. Kurzzeitig wurden sogar Partner oder Angehörige von Freiwilligen eingeladen, sich impfen zu lassen. Robert Spiegel, Impfkoordinator der Ärztekammer, wird allerdings zornig, wenn man von Vordränglern spricht: „Wir haben gezielt geimpft, dann hat es Reserven gegeben.“ Niemand sei auf der Strecke geblieben. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher sagt: „Es ist mir lieber, wenn jemand Jüngerer geimpft wird, als dass wir den Impfstoff wegschmeißen müssen.“
Wäre es besser gegangen?
Vorarlberg hätte mit den Vorbereitungen viel früher beginnen können, sagt Gesundheitsexperte Armin Fidler. Die Priorisierung ist ihm zu undifferenziert. „Auch das Impfen von gesunden und jungen Bediensteten im Gesundheits- und Pflegebereich ohne Patientenkontakt sollte hinterfragt werden“, spielt Fidler auf die Spitalsverwaltung an. Nicht die ganze Belegschaft der Krankenhäuser kam im Jänner zum Zug. 1500 Spitalsmitarbeiter, darunter Ärzte und Pfleger, müssen warten. Rüscher steht hinter der Entscheidung, dass auch Verwaltungspersonal in Krankenhäusern den Biontech-Impfstoff erhalten hat, der nun für die Über-80-Jährigen dringend gebraucht wird. Es sei auch nicht schlimm, dass manche Pflegerinnen und Ärzte nun mit AstraZeneca vorlieb nehmen müssen. Jeder Impfstoff, den man bekommt, sei ein Privileg.
Biontech/Pfizer liefert laut Rüscher rund 3000 Dosen pro Woche. „Sie liefern recht konstant“, sagt sie. AstraZeneca bewegt sich auch in diesem Bereich, schwankt allerdings. „Bis Donnerstag dachten wir, dass wir in zwei Wochen 500 Flaschen bekommen.“ Das wäre Impfstoff für über 3000 Personen. „Seit Donnerstag heißt es, es sind 90 Flaschen“, fährt Rüscher fort. Sie hofft, dass sich die Menge bald erhöht. „Ab April könnte es sich verdrei- oder vervierfachen.“ Aber fix ist nichts. Derzeit könne man nur von Woche zu Woche planen.
