„In der Pandemie male ich nur grau“

German Bolter über graue Zeiten und das Café Cuenstler.
Dornbirn An der Decke hängen original italienische Luster, die Möbel wurden vom Künstler selbst hergestellt, und an den Wänden sind großformatige Ölbilder in den schönsten Farben zu sehen. German Bolter hat in seinem Dornbirner Atelier aber auch ein paar graue Bilder in Arbeit. „Seit Beginn der Pandemie lasse ich die Farbe weg und male nur in Grautönen, kein Schwarz oder Weiß, nur Grau. Die Zeit ist für mich grau geworden, alles, was für mein Wohlbefinden wichtig war, ist weg: Gastronomie und Kultur. Ich bewege mich in grauen Farben, solange die Pandemie dauert“, erklärt der Künstler.
Die Technik des genauen Zeichnens erlernte Bolter in jungen Jahren als Fotogravur-Zeichner bei Otten in Hohenems. „Ich male Öl und Tusche auf Leinwand, die klassischen Materialien des Malers seit 500 Jahren. Öl braucht Geduld. Ich arbeite meistens an mehreren Bildern, so kann ich das lange Trocknen abkürzen. Außerdem verdünne ich die Farbe stark“, erklärt der Künstler.
Ausstellung und Austausch im Café
Dabei entstehen Bilder nach sozialen und politischen Motiven aus dem gerade aktuellen Weltgeschehen. German Bolter mag die alten Meister wie Rubens und Boticelli und versucht diese in die Neuzeit zu übertragen. „Ich stelle zum Beispiel voluminösen Rubensfrauen die schlanke Frau der Neuzeit gegenüber. Ich beschäftige mich seit zehn Jahren der Gegenüberstellung von Altem und Neuem, das ist wichtig für mich“, beschreibt German Bolter seine Malerei. 2007 gründete er gemeinsam mit seinem Sohn Stephen die beliebte Café-Bar Cuenstler am Kornmarktplatz in Bregenz. „Die bildenden Künstler in Vorarlberg sind keine Gemeinschaft, jeder arbeitet für sich. Um das zu ändern, habe ich dieses Cafe gegründet. Alle können dort ausstellen, ihre Bilder präsentieren und sich zum Austausch treffen. In der Vergangenheit sind unzählige Künstler in Cafés berühmt geworden“, erläutert Bolter.
In Vorarlberg sind Künstler für die Durchschnittsbevölkerung Exoten. Man überlegt, ob die denn überhaupt regelmäßig arbeiten und ob die damit überhaupt Geld verdienen. German Bolter lebt sehr gut von seiner Kunst, auch deshalb, weil er sehr fleißig ist und kaum ein Tag vergeht, an dem er nicht im Atelier arbeitet. „Ich lebe gerne hier, aber Berlin gibt uns bildenden Künstlern ein anderes Gefühl, es existieren dort 600 Galerien, dort arbeiten unzählige Künstler. Es findet ein reger Austausch statt. In Italien ist der Künstler ein hochangesehener Mann, ist überall willkommen. Genauso ist es in Griechenland. Für mich ist das faszinierend“, schwärmt der Künstler, der selber ein Jahr in Berlin gelebt hat und immer wieder in Italien weilt.
Klassisch romantisch
Als junger Mann saß German Bolter mit Staffel, Pinsel und Farben in der Landschaft und hat gemalt. Wichtig sei in der Kunst aber die Erfindung, die eigene Persönlichkeit und ein eigener Stil und nicht das Abmalen. Bolters Bilder sind sehr einnehmend und haben Wiedererkennungswert.
„Ich fing in der Landschaft an. Mein Ziel für das Alter ist, in die Toskana zu ziehen und dort mit einer Flasche Wein neben meiner Staffelei inmitten der Natur zu malen. Ich möchte dort aufhören, wo ich angefangen habe.“ yas
„Die Zeit ist für mich grau geworden, alles, was meinem Wohlbefinden wichtig war, ist weg.“
