Mehr Spielraum für striktere Coronaregeln

Geplante Novelle: Land Vorarlberg zufrieden, Stadt Wien warnt vor schrankenloser Ermächtigung des Ministers.
Wien Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will sich zur Bekämpfung der Coronapandemie mehr Spielraum verschaffen. Ausgangsbeschränkungen sollen einfacher möglich sein und manche Berufsgruppen mit strikterer Testpflicht belegt werden, wie es in dem Entwurf zur Novelle des Epidemie- und Covid19-Maßnahemngesetzes heißt. Eine Zusammenkunft könnte von Behörden ab vier Personen als Veranstaltung gewertet werden. Die Begutachtungsfrist endete am Dienstag mit umfassender Kritik.
Mehr Spielraum für Ausgangsbeschränkungen
Bleibt der Entwurf wie er ist, können Ausgangsbeschränkungen nicht nur an einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung geknüpft werden, sondern schon dann möglich sein, wenn es zu einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus kommt. Die Stadt Wien kritisiert das als schrankenlose Verordnungsermächtigung. Das Land Kärnten plädiert, dass Ausgangsbeschränkungen immer letztes Mittel sein müssen. Ein Veranstaltungsverbot könne etwa gelinder sein.
Alternativlose Testpflicht
Für Berufsgruppen wie Lehrer oder Beamte im Parteienverkehr werden Tests zur Pflicht. Bisher können sie alternativ eine FFP2-Maske tragen. Die Gewerkschaft der Vorarlberger Pflichtschullehrer stellt sich gegen die Pläne: Falls eine Testpflicht dennoch komme, müssten Fahrtspesen zu den Teststationen (Kilometergeld) ersetzt werden und die Tests in der Dienstzeit zwischen 8 und 16 Uhr gewährleistet sein, schreibt Vorsitzende Alexandra Loser. Der ÖGB befürchtet, dass ein fehlender Test arbeitsrechtliche Konsequenzen und Verwaltungsstrafen nach sich ziehen könnte. Die Maßnahme gehe zu weit: „Erst vor wenigen Wochen wurde noch erläutert, dass auch das Tragen einer FFP2-Maske eine adäquate, alternative Schutzmaßnahme sei“, schreibt der Gewerkschaftsbund. Der Gemeindeverband warnt vor fehlenden Testkapazitäten. Es solle die Möglichkeit in das Gesetz aufgenommen werden, dass Selbsttests vor Ort genügen.
Vier Personen sind eine Veranstaltung
Im Gesetzesentwurf legt das Gesundheitsressort außerdem fest, dass ein Treffen ab vier Personen aus zwei verschiedenen Haushalten bereits als Veranstaltung zu werten sei; je nach „Grad persönlicher Beziehungen“ untereinander, mit all den damit zusammenhängenden Regeln und Meldepflichten. Das gilt auch für private Orte, Kontrollen sind dort laut Ministerium aber nicht geplant.
Während das Land Vorarlberg die genaue Definition des Veranstaltungsbegriffs goutiert, warnt die Wiener Landesregierung vor einer engen Auslegung. Müssten Treffen von vier Personen bewilligt werden, würde dies wertvolle Ressourcen der Bezirksverwaltungsbehörden ohne erkennbaren Mehrwert für die Covidbekämpfung binden. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft der Bundeshauptstadt fürchtet um das Wohlergehen der Jüngeren: Schließlich stehe es dem Minister offen, ob er bei der Vier-Personengrenze zwischen Erwachsenen und Minderjährigen unterscheide. Im schlimmsten Fall würden die Sozialkontakte von Kindern und Jugendlichen einmal mehr reduziert. Das Land Kärnten hält es für überschießend, Kontakte in der familiären und höchstpersönlichen Sphäre derart zu regulieren. Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt erklärt, dass Treffen im privaten Bereich ab vier Personen mit gewissen Regeln wie Registrierungspflicht, Bewilligungs- und Anzeigepflicht sowie Präventionskonzept verbunden sein könnten. Dass Kontrollen ausgeschlossen sind, stimmt laut Verfassungsdienst nicht. Schließlich umfasse die Kontrollmöglichkeit der Bezirksverwaltungsbehörde alle Veranstaltungsorte, auch jene im privaten Bereich. VN-ebi