Trotzdem . . .

Es ist schon einige Jahre her, als ich mir einen modernen Jesus-Film im Fernsehen zu Gemüte geführt habe. Eine Szene daraus hat sich tief in meine Erinnerung eingegraben: Jesus wird am Ölberg, vor seiner Gefangennahme, in seinem Ringen um eine Entscheidung für oder gegen die Menschen, vom Teufel besucht. Im Film wird der Teufel als Konzernmanager dargestellt. Dieser ist in seinem Denken auf Gewinnmaximierung um jeden Preis ausgerichtet und sieht in den Menschen eigentlich nur billiges Arbeitsvieh. So entbrennt folgender Disput zwischen ihm und Jesus: „Du, Jesus, hast du dir das wirklich überlegt, was du vorhast, das mit deinem Kreuzweg, mit deiner Kreuzigung und deiner Auferstehung? Und zudem: Du willst deine Botschaft Menschen anvertrauen? Menschen in ihrer Unverlässlichkeit und Wankelmütigkeit? Menschen, die sich heute liebenswert finden und einen Tag später einander am liebsten den Kragen umdrehen würden? Willst du das wirklich?“ „Ja“, sagte Jesus. „Ich gehe dieses Risiko ein. Es gibt keinen anderen Weg als dieses Trotzdem!“
Trotzdem
bemühen sich heute immer noch Menschen, nicht auf Kosten anderer zu leben. Sie tragen Sorge füreinander in Altenheimen, Spitälern, Hospizstationen. Sie sind da in der Nachbarschaftshilfe, und ihr Demonstrationsobjekt ist nicht in erster Linie Straße mit Geschrei, sondern schlicht und einfach das Da-Sein. Trotz vieler Einschränkungen, die notgedrungen diese Coronazeit mit sich bringt, verlieren sie den Lebensmut nicht, sondern wissen sich füreinander verantwortlich: weg vom reinen Ich zuerst-„Denken“ hin zum Du und zum Wir! Trotzdem: Manchmal belächelt, als „Gutmensch“ verschrieen, wagen sie es. Sie gehen dieses Risiko ein, weil es keinen anderen Weg gibt.
Trotzdem
gibt es Menschen, die aufgrund der vielen Sorgen und privaten Probleme, die eine solche Zeit begreiflicherweise mit sich bringt, einen tiefen Sinn darin finden, Sonntag für Sonntag miteinander Gottesdienst zu feiern. Dies nicht als Flucht vor der Realität, sondern vielmehr im Bewusstsein, dass dieses Miteinander und Füreinander genau in der Botschaft Jesu zum Tragen kommt: Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um diese Welt zu richten, sondern zu retten. Und jeder, der an ihn glaubt, ist mit hineingenommen in diesen unaufhörlichen Prozess des Lebens, in dem selbst der Tod seinen Schrecken verliert.
Trotzdem
finden immer noch Menschen einen Sinn in einer kirchlichen Gemeinschaft, obwohl – aus welchen Gründen es auch immer im Moment sehr statthaft erscheint, auszutreten. Auch hier ist es viel einfacher zu gehen, als aufzutreten, mitzumachen, sich einzubringen in einer konkreten Glaubensgemeinschaft am Ort. Wer glaubt, ist nie allein, heißt es in einem Lied. Stimmt: die Frage ist nur die: Woran glauben wir eigentlich? An Verschwörung (Politik, Wirtschaft)? Glauben wir an lebensbejahende Möglichkeiten, die das eigene Ich zurückstellen und das Du und das Wir in den Vordergrund rücken? Glauben wir, dass unsere Politiker grundsätzlich alles falsch machen und total korrupt sind? Frage hundert Leute zu einem Thema und du bekommt hundert verschiedene Antworten! Jeder weiß es besser. Trotzdem: Vertrauen ist gefragt, gegenseitige Hilfsbereitschaft ist gefragt und weniger Weinerlichkeit sowie eine gesunde Spiritualität, die Gott im eigenen Leben nicht grundsätzlich ausschließt. Es ist immer ein Risiko, zu vertrauen: dem Menschen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, in Partnerschaft und Beziehung, also überall dort, wo es „menschelt“. Und trotzdem: Es gibt keinen anderen Weg! Und so wünsche ich dir ein tiefes gelebtes Vertrauen in den, der uns Christen
den Namen gegeben hat: Jesus Christus!

Adobe Stock