Aus der Garten-Galerie in den freien Raum

Vorarlberg / 22.03.2021 • 17:56 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Gernot Riedmann: „Mit der Kunst wäre ich verhungert, aber mein Beruf eröffnete viele Möglichkeiten.“
Gernot Riedmann: „Mit der Kunst wäre ich verhungert, aber mein Beruf eröffnete viele Möglichkeiten.“

Gernot Riedmann präsentiert seine „Freud-Skulptur“ im Kreisverkehr in Bersbuch.

Lustenau, Andelsbuch Fragt man nach der umfangreichsten Sammlung seiner Werke, muss man bei Gernot Riedmann nicht weit gehen – der Garten vor seinem Haus in Lustenau ist voll von meist recht ungewöhnlichen Exponaten und auch im Haus findet sich kein freies Plätzchen mehr. Überall Kunstwerke von ihm selbst, aber auch von anderen Künstlern. Wacker findet sich dort ebenso wie Valie Export, Fritz Wotruba oder Alfred Hrdlicka. Sonst macht sich Riedmann bei Ausstellungen oder öffentlichen Präsentationen eher rar, doch jetzt ging er von seiner Garten-Galerie wieder einmal kraftvoll in den öffentlichen Raum: Im Kreisverkehr der L200 in Bersbuch ragt seine „Freud-Skulptur“ rund drei Meter hoch in den Himmel.

Nicht nur in Vorarlberg – wo es inzwischen Dutzende „Kreisel“ gibt – sind diese Kreisverkehre begehrte Standorte für Kunst im öffentlichen Raum. Und es ist, wie Gernot Riedmann erfreut betont, auch für Sponsoren eine interessante Möglichkeit, Künstler zu fördern. Und für die Künstler ist es ebenso interessant, ihre Werke dort zu zeigen, wo sie Tag für Tag für Tausende im Blickfeld stehen.

Besondere Symbolik

Das Kunstwerk aus Serpentin und Stahl stammt aus der frühen Phase von Riedmanns künstlerischem Schaffen. Sie stand viele Jahre beim Conrad Sohm in Dornbirn, zuletzt lag sie im Depot, ehe sie im Kreisverkehr einen angemessenen Standort fand. Dort wird sie auf einer Tafel als „Freud-Skulptur“ benannt und ließe – fälschlicherweise – die Vermutung aufkommen, es könnte in Corona-Zeiten wie diesen ein Symbol der Freud(e) sein. Ist es nicht, wie Riedmann im Gespräch mit der VN-Heimat erläutert. „Die drei in den Stein eingearbeiteten Stahlplatten sollen die drei Bewusstseinsebenen, die Siegmund Freud beschreibt, ausdrücken.“ Der Begründer der Psychoanalyse unterteilte das Bewusstsein in drei Ebenen – bewusstes, vorbewusstes und unbewusstes.

Symbolik steckt auch in der Auswahl seiner hier verwendeten Materialien – Stein und Stahl sind für Riedmann ein Dialog. Hier der „schon ewig vorhandene“ Stein, Hunderte Millionen Jahre alt, dort der „vergleichsweise blutjunge“ Stahl, der erst durch die geistigen Fähigkeiten des Menschen zum Schmelzen von Erz und zum Bearbeiten des Metalls möglich geworden ist.

Kindheitstraum spät erfüllt

Für Kunst und Kultur interessierte sich der heute 78-Jährige schon in frühester Jugend, er schnupperte sogar in die Pariser Kunst-Universität hinein. Sich selbst künstlerisch betätigen konnte er sich jedoch damals nicht und sein Kindheitstraum musste warten. „Ich habe jung geheiratet und musste meine Familie ernähren – mit der Kunst wäre ich verhungert“, scherzt er. Seinen Brotberuf fand er deshalb in der damals boomenden Stickerei – und es sollte ein Glücksfall werden, denn dort war er als Verkäufer bei verschiedenen Unternehmen tätig und als solcher gut 50 Mal in Afrika unterwegs. Nicht umsonst wurde sein Schaffen stark von Afrika inspiriert. „Und wenn ich zwischen diesen Reisen im Land war“, schildert Riedmann seine damalige Situation, „hatte ich viel Freiheiten, ich musste keine geregelten Arbeitszeiten einhalten, sondern nur dann in der Firma sein, wenn Kunden kamen. So blieb mir viel Zeit, die ich zum künstlerischen Schaffen nutzte.“ Und dies erlaubte es dann auch, seinen Kindheitstraum mit Verspätung zu erfüllen.

Unterstützung fand er in den 80er-Jahren bei Steinhändlern und in Steinmetzbetrieben, wo entsprechende Räumlichkeiten und Werkzeuge vorhanden waren. „Das war natürlich sehr hilfreich.“ Rückblickend war es eine äußerst produktive Zeit, und 1992 war die erste Ausstellung in der Galerie Hollenstein ein Markstein seiner künstlerischen Karriere und zugleich eine Art Wendepunkt, denn rund ein Jahr später stellte er Werke in Holz aus.

Er hatte Hammer und Meißel gegen die Kettensäge getauscht. Er ist dabei geblieben, Holz spielt bis heute die Hauptrolle in seinem künstlerischen Schaffen, und heute sind Arbeiten in Stein und Stahl eher als „Ausflug in die Vergangenheit“ zu sehen. STP

In der Freud-Skulptur im Bersbucher Kreisverkehr steckt viel Symbolik.STP
In der Freud-Skulptur im Bersbucher Kreisverkehr steckt viel Symbolik.STP

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