„Ich kann nicht mehr nichts tun“

Vorarlberg / 22.03.2021 • 18:28 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Noch bis Karfreitag befindet sich die Tänzerin Claudia Grava im Hungerstreik für die Flüchtlingskinder von Kara Tepe. VN/Sams
Noch bis Karfreitag befindet sich die Tänzerin Claudia Grava im Hungerstreik für die Flüchtlingskinder von Kara Tepe. VN/Sams

Claudia Grava tritt mit Hungerstreik für Flüchtlingskinder ein.

Dornbirn Claudia Grava befindet sich seit Samstag im Hungerstreik. Mit ihrer Aktion „dance.pray.care“ möchte die Tänzerin und Choreografin auf die Zustände im Flüchtlingslager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos aufmerksam machen und fordert auch die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Lager. „Die Themen Flüchtlinge, Moria, Kara Tepe und das Nichthandeln der Regierung beschäftigen mich schon länger“, erklärt Claudia Grava.

Appell ans Gewissen

Den Ausschlag für ihr Handeln gab der VN-Artikel „Die Hölle von Lesbos“, der Mitte Februar erschienen ist. In diesem schildert Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen die Situation in dem überfüllten Flüchtlingslager. Mit 7300 Bewohnern ist Kara Tepe das größte Lager auf Lesbos, ausgelegt ist es auf maximal 650 Menschen. Es fehlt an allem. An Wasser, Strom, Hygiene und Sicherheit. Für die gebürtige Argentinierin war es besonders schockierend, von Kindern zu lesen, die vergewaltigt wurden oder sich selbst verletzen. „Alle Menschen müssen ein würdiges Leben führen können, vor allem aber Kinder“, ist ihr Standpunkt. Als sie während des Frühstücks diesen Artikel gelesen hat, konnte sie mit dem Weinen nicht mehr aufhören – so stark berührte sie dieser Bericht. Sie kam zum Entschluss: „Ich kann nicht mehr nichts tun.“ Während des Tanzens reifte in ihr das Projekt, das das Herz berührt und an das Gewissen appelliert.

Noch bis Karfreitag soll ihr Hungerstreik dauern. Bis dorthin lebt Grava in den Räumlichkeiten von netzwerkTanz im Zentrum von Dornbirn. „Der Hungerstreik setzt sein starkes Zeichen. Nur mit Tanzen wäre die Botschaft zu wenig stark“, erklärt sie. Auf die Frage, wie es ihr gehe, antwortet sie mit gut, das Projekt erfülle sie. Bevor Claudia Grava in den Hungerstreik getreten ist, hat sie sich ärztlich untersuchen lassen und wird währenddessen von einem Arzt begleitet. „Ich weiß, dass ich das zwei Wochen lang aushalte. Ich bin gesund und habe Kraft“, ist die 51-Jährige motiviert.

Petition an Kurz

Täglich um 16 Uhr hält die Choreografin ein Tanzgebet, das auch live über die Facebook- und Instagram-Seiten des Projekts übertragen wird. Teilweise wird sie dabei von Künstlern begleitet. Gravas Petition, die sich an Bundeskanzler Sebastian Kurz richtet und von ihm die Aufnahme von Flüchtlingskindern aus Kara Tepe fordert, haben inzwischen knapp 300 Menschen unterschrieben. „Ich glaube, wir können was bewirken und ich glaube an die Kunst“, ist Grava überzeugt.

„Alle Menschen müssen ein würdiges Leben führen können, vor allem aber Kinder.“

Zur Person

Claudia Grava

Tänzerin, Choreografin

Alter 51 Jahre

Wohnort Hard

Laufbahn freie Kompanien in Argentinien und Europa; Mitbegründerin Tangokompanie Tangissimo, Obfrau Netzwerktanz Vorarlberg

Auszeichnung 2019 Ehrengabe des Landes Vorarlberg für Kunst und Kultur