Triste Zeiten ohne Touristen

Eine Restaurantöffnung im Montafon ist nicht für alle Betreiber rentabel.
Montafon Restaurants dürften eigentlich wieder aufsperren, doch im Montafon machen nur einige wenige von dieser Möglichkeit Gebrauch. Für viele rentiert sich eine Öffnung so lange nicht, wie auch keine Touristen ins Land dürfen, schließlich sind die meisten Gasthäuser von den auswärtigen Gästen abhängig.
Das Gasthaus zum Kreuz in Schruns ist eines von vielen, das geschlossen bleibt. „Leider sind die Rahmenbedingungen für uns so unpassend, dass wir nicht öffnen können“, sagt Bettina Schmid-Juen. „Wir öffnen erst wieder, wenn die Grenzen aufgehen und wir wieder Touristen im Tal haben.“
Glücklich, überhaupt zu öffnen
Anders denkt da die Familie Ganahl, der das Gasthaus Mühle in Bartholomäberg gehört. Da sie selbst im Gasthof wohnt, ist es ihr nicht so wichtig, ob sie fünf oder 50 Leute bewirtet. Hauptsache sie darf wieder öffnen. „Wir sind positiv überrascht, dass alles so gut geklappt hat.“ Bezüglich des Testens seien die Gäste sehr diszipliniert, loben die Restaurantbesitzer. Eigentlich kehren in das Gasthaus Mühle bei schönem Wetter vor allem Wanderer und Ausflügler ein. Momentan würden aber viele Einheimische am Wochenende die Gaststätte aufsuchen. Ihnen zuliebe hat die Familie Ganahl auch aufgesperrt. Der Start verlief schon mal ganz gut. „Wir sind zufrieden.“
Die Hilfen vom Bund hat die Familie bereits problemlos bekommen und kann davon gut leben. Sieben Tische plus drei Tische in der Montafonerstube sowie sechs Tische auf der Terrasse kann die Familie bedienen – die Hälfte ihrer eigentlichen Kapazität. Auch wenn das Geschäft nicht rentabel sei, sind die Familie Ganahl wie deren Gäste glücklich und dankbar darüber, dass die Gastronomie wieder geöffnet hat.
Auf Touristen angewiesen
Das Hotel und Restaurant Adler in St. Gallenkirch macht dagegen erst zur Sommersaison auf. Solange die Reisebeschränkungen bestehen, sei eine Öffnung des Gasthofs unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen nicht rentabel. Zwar sei generell eine Öffnung mit Schutzmaßnahmen besser als gar keine Öffnung, doch „wir sind auf internationale Gäste angewiesen“, sagt Geschäftsführerin Diana Boden. Immerhin gebe es die Corona-Hilfen des Bundes sowie die Unterstützung der Bank, ohne die die aktuelle Lage existenzbedrohend für das Familienunternehmen sei. Mit dieser finanziellen Unterstützung könne man sich laut Diana Boden gerade so über Wasser halten. Denn in der Wintersaison hat das Hotel keine Einnahmen gehabt, zieht man das ganze letzte Jahr heran, lassen sich die Umsatzeinbußen auf mindestens 70 Prozent beziffern. „Wer geimpft ist, schon erkrankt war oder sich zweimal die Woche testen lässt, stellt mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Gefahr dar und sollte sich wieder frei bewegen können, gleich ob im Handel, Tourismus oder in der Kultur“, ist Boden der Ansicht.
Um wenigstens „ein bisschen Normalität zu kriegen“, hat das Restaurant Zwickmühle in Vandans seit 17. März geöffnet. „Die Gäste nehmen es richtig gut an. Wir sind die ganze Woche ausgebucht“, freut sich Restaurantchef Thomas Sparr, der mit Saskia Hermann die Zwickmühle allein bewirtschaftet. Er kontrolliert am Eingang die Coronatests und ist für den Service zuständig, sie steht in der Küche und kocht. Zu zweit sei eine Öffnung samt Abholservice lohnenswert, mit mehreren Angestellten aber nicht.
Vorschriften nicht umsetzbar
Überhaupt nicht wirtschaftlich ist dagegen die Öffnung des Panoramagasthofs Kristberg. Geschäftsführer Jürgen Zudrell zählt dafür mehrere Gründe auf. Die Sicherheitsmaßnahmen seien so hoch, dass sich ein wirtschaftlicher Betrieb derzeit nicht umsetzen ließe. Zudrell betont: „Wir selbst und unser Team möchten einfach wieder Gastgeber sein und hätten den wirtschaftlichen Faktor hinten angestellt.“ Aber der Zwei-Meter-Abstand zwischen den Tischen nähme dem Lokal circa 75 Prozent der möglichen Sitzplätze im Innenraum weg.
Noch dazu seien die Kontrollen der negativen Coronatests bei allen Gästen organisatorisch nicht umsetzbar, da der Gasthof über eine offene Terrasse verfügt, die frei zugänglich ist. Die bei Missachtung der Vorschriften angesetzten hohen Strafen von bis zu 30.000 Euro seien so nicht verantwortbar, sagt Zudrell. Dem Restaurantbetreiber fehlen klare und von den Betrieben auch halbwegs umsetzbare Öffnungsschritte. „Wir sind ein gesundes Traditionsunternehmen seit 1964, welches bis jetzt alles überstanden hat“, sagt Zudrell. Doch bleiben die Monate so ungewiss und gehen die wirtschaftlich wie betrieblich nicht umsetzbaren Vorgaben so weiter, „dann brauchen auch wir keine staatlichen Förderungen mehr, weil wir dann innerhalb weniger Monate einen Ausgleich oder Konkurs anmelden müssen“, bringt es Zudrell auf den Punkt.
Erholung wird Jahre dauern
Durch die Förderungen des Bundes könne der Gasthof Kristberg gerade so seine Grundkosten decken, jedoch nicht seine Darlehen tilgen. „Die Tilgung mussten wir im vergangenen Jahr schon aussetzen“, so Zudrell. Wegen der Ungewissheit habe er ein weiteres Jahr die fällige Rate gestundet. „Bis jetzt, wenn wir auch bis März 2022 keine Tilgung bedienen können, hat uns das Coronajahr trotz Förderungen schon circa 500.000 Euro gekostet. Wir werden deshalb nach einer völligen Öffnung mehrere Jahre brauchen, bis nur dieser Teil wieder abbezahlt ist“, befürchtet Jürgen Zudrell. Als wäre das nicht schon genug, kommen neben der Aufnahme von neuen Krediten auch noch Umsatzeinbußen in Höhe von 620.000 Euro hinzu. VN-JUN
„Mit der finanziellen Unterstützung kann man sich gerade so über Wasser halten.“
„Bis jetzt hat uns das Coronajahr trotz Förderungen 500.000 Euro gekostet.“



