Noch 60 Jahren wieder auferstanden: das „Tötsch“

Vorarlberg / 30.03.2021 • 16:52 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Das Lokal in der Bregenzer Anton-Schneider-Straße hat eine lange Geschichte.<span class="copyright">fst</span>
Das Lokal in der Bregenzer Anton-Schneider-Straße hat eine lange Geschichte.fst

Dass ein Gasthaus nach einer Ruhepause von 60 Jahren in Bregenz wiederbelebt wird, kommt nur selten vor.

Bregenz Wo einst das Gasthaus Tötsch in der Bregenzer Anton-Schneider-Straße Treffpunkt für viele Bregenzer war, verwöhnt heute das Café Brasserie Petrus seine Gäste mit regionalen Spezialitäten und Klassikern aus Belgien, der früheren Heimat der neuen Gastgeber Ursula Hillbrand und ihrem Mann Peter Brattinga.

Das Haus gehörte seit Ende des 15. Jahrhunderts durchwegs Bäckern. Im Stadtarchiv erwähnt wird Ende des 15. Jahrhunderts ein Conrad Grembler als Besitzer und Bäcker des Hauses in der Anton- Schneider-Straße 11. Einige von ihnen betrieben, wie es zu jener Zeit üblich war, am selben Standort auch eine kleine Wirtschaft.

Konzession im Jahr 1910

Plazidus Heim, geboren 1896 auf der Fluh bei Bregenz, ein Vorfahre der heutigen Eigentümerin, erwarb das Haus und erhielt im November 1910 die Konzession zum Betrieb eines Gast- und Schankgewerbes. Zuletzt hatte er 1906 für eine Gastwirtschaftskonzession im Weinschlössle in Bregenz angesucht.

Die Stadt Bregenz erteilte Plazidus Heim die Konzession mit der Auflage, das Gebäude entsprechend den „gewerbspolizeilichen und hygienischen“ Vorschriften zu adaptieren.

Die dafür notwendigen Bauarbeiten wurden im Jahr 1911 von der Firma Rhomberg durchgeführt. 1912 suchte Maria Anna Tötsch (1862–1940), eine Schwester von Plazidus Heim, um die Gastgewerbekonzession an diesem Standort an. Sie hatte das Gebäude von ihrem Bruder erworben. Maria Anna Tötsch war Mutter von fünf Töchtern und einem Sohn – und zu jener Zeit bereits Witwe.

Maria Anna Tötsch übernahm 1912

Maria Anna Tötsch erhielt die Konzession im Oktober 1912. Das Gasthaus Tötsch bot gutbürgerliche Küche und einen Saal für Veranstaltungen und Sitzungen im ersten Stock. Im Erdgeschoß fanden rund 50 Personen Platz. Außerdem gab es drei Gästezimmer. Die Familie lebte im selben Haus.

Tochter übernahm

Anna Maria, die Tochter von Anna Tötsch (1900–1963) blieb ledig und übernahm später das Gasthaus. Die Töchter Rosa und Berta hatten geheiratet und waren weggezogen. Tochter Theresia (1904–1964) heiratete Erwin Hillbrand, den Großvater der heutigen Hauseigentümerin Ursula Hillbrand.

NSDAP lehnte Antrag ab

Um eine Konzession suchten die Geschwister Tötsch, vertreten durch Theodor Tötsch, 1942 an. Die „Wirtschaftsgruppe Gaststätten und Beherbergungsgewerbe“ in Feldkirch befürwortete den Antrag, die NSDAP-Kreisleitung in Bregenz lehnte ihn jedoch ab: „Die für den Antritt eines Gewerbes erforderliche Verlässlichkeit umfasst vor allem auch die unbedingte Gewähr dafür, dass sich der Antragsteller jederzeit offen und rückhaltlos zum nationalsozialistischen Staat und seinen Einrichtungen bekennt und dies durch sein Verhalten bekundet. Mangels dieser Voraussetzungen kann diesem Ansuchen keine Folge gegeben werden.“

Restaurant Heim

Nach Interventionen und einer neuerlichen Begutachtung erhielt Theodor Tötsch Monate später dann doch die Konzession, nun für das „Restaurant Heim“. Dieses bot gutbürgerliche Küche und im Erdgeschoß Platz für 50 Personen. Bald wurde daraus das Gasthaus Tötsch, und ging als solches in die Geschichte von Bregenz ein. Wichtige Sitzungen, auch der Landesregierung, Feste während der Faschingszeit, Feiern jeder Art, Tagungen von Vereinen sowie so manche Vorbesprechung zur Gründung der Bregenzer Festspiele fanden hier statt.

60 Jahre Pause

1957 musste Anna Maria Tötsch alters- und krankheitsbedingt das Gasthaus schließen, 1958 legte Theodor Tötsch die Gastgewerbekonzession zurück. Nach dem Tod von Anna Maria (1963) erbte ihre Schwester Theresia das Haus und ließ das Erdgeschoß teilen, um Raum für zwei Geschäfte zu schaffen. Rund 60 Jahre lang war auf der einen Seite ein Frisör untergebracht. Die Besitzer wechselten, doch der Salon hieß stets „Salon Femina“. Auf der anderen Seite zog anfangs der „Dirndlsalon Herlinde“ ein, danach kamen „Ritschi Bitschi Spielwaren“, das Lokal „Rudi B.“ und die „Annette Bar“.

2018 eröffneten Ursula Hillbrand und ihr Mann Peter Brattinga das frühere „Tötsch“ als Café Brasserie Petrus. An die Tradition des inspirierenden Austausches knüpfen die Gesprächsrunden im „Bregenzer Salon“ im ersten Stock des Hauses an. Fst

So sah das Gasthaus Tötsch einmal aus.<span class="copyright">Sammlung Risch-Lau, Vlbg. Landesbibliothek“</span>
So sah das Gasthaus Tötsch einmal aus.Sammlung Risch-Lau, Vlbg. Landesbibliothek“

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