Vorübergang und sinfonischer Klang

Flüchtlingsdrama und Ostergeschichte: Willibald Feinig und das Trio 180 Grad im Theater am Saumarkt.
Feldkirch Feinfühlige und sinnreiche Prosa von Willibald Feinig gepaart mit stürmisch aufbrausender Musik des jungen Trios 180 Grad: Einen kulturellen Höhepunkt erlebten die Gäste kurz vor Ostern im Theater am Saumarkt bei der Lesung mit musikalischer Begleitung „Der Vorübergang – Lesung auf Ostern hin“. Feinig leitete die Lesung aus seinem neuen Prosaband mit der Erzählung „Ero“ über die Landung afrikanischer Flüchtlinge an einem Badestrand Europas ein.
Unmittelbar trifft hier scheinbare Urlaubsidylle zwischen Bierdosen, Sonnenschirmen und Flirtversuchen am Strand mit der Realität der Flüchtlingskatastrophe aufeinander. Wunden klaffen, Blut tropft auf den Sand, zitternde Körper steigen aus dem Ruderboot, abgemagert bis auf die Rippen. Einstürzende Sandbauten und Polizei prägen das Bild.
Vom Einzug Jesu in Jerusalem bis zur Auferstehung erzählte Feinig in „Der Vorübergang“ die Ostergeschichte neu und ließ die Zuhörer im Saumarkt in das dramatische Geschehen jener Zeit aus der Perspektive eines Kindes eintauchen.
Dynamisch musikalisch begleitet
Das Trio 180 Grad schaffte es – als ideale lautmalerische Begleitung der Lesung und nach pandemiebedingt mehreren Anläufen – nun zu seinem Auftritt im Theater am Saumarkt. Von Beethoven bis Schostakowitsch wurden anspruchsvollste Werke virtuos umgesetzt. Fiona Warenitsch an der Violine, Susanne Hanke am Piano und Kilian Erhart am Cello schufen einen würdevollen musikalischen Rahmen für die spannende Lesung. Von der sanften Brandung bis zum aufgewühlten Meer reichte dabei die Stimmung.
Von Verschonung und Vorübergang
Weshalb Feinig seine Neuerzählung der Ostergeschichte „Der Vorübergang“ genannt habe, stellte Marie-Rose Rodewald-Cerha dem Schriftsteller als abschließende Frage. Pessach ist das jüdische Fest, das den Auszug aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei feiert, erklärte Feinig. Dieses fällt nach neuem Testament zeitlich mit der Ostergeschichte, also der Kreuzigung und der Auferstehung Christi, zusammen, weshalb die beiden Feste auch des Öfteren zur etwa gleichen Zeit gefeiert werden. Auf Deutsch heißt Pessach so viel wie „Verschonung“ oder „Vorübergang“. Das seien auch Sehnsüchte in der aktuellen Pandemie. Mit diesen befasste sich der Autor bereits letztes Jahr in einer Lesung im Saumarkt. Auch hier sei der Wunsch nach baldigem Vorübergang und Verschonung groß. HE
