Der Kampf um den See

Der Zugang zum Ufer ist in den Bodenseegemeinden unterschiedlich möglich.
Fußach Vorarlberger Straßengesetz, Paragraf 36, Wegefreiheit des Bodenseeufers: „Ein 10 m breiter Streifen am Ufer des Bodensees, ausgenommen Bauwerke, darf von Fußgängern auch ohne Einverständnis des Grundeigentümers jederzeit betreten werden.“ Theoretisch darf sich jeder Mensch zu jeder Zeit an jedem Fleck des Vorarlberger Bodenseeufers bewegen. Die Praxis sieht anders aus, wie das Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung (ISK) in einer Studie zur Gentrifizierung des Bodensees feststellte. Freibäder, Yachthäfen, Naturschutz und private Nutzungen stehen dem freien Zugang zum See und dem ufernahen Raum entgegen.
Der Begriff Gentrifizierung wird normalerweise für Innenstädte verwendet. Und zwar dann, wenn ein Stadtviertel aufgemöbelt wird, die Wohnungen teurer werden und Wohlhabende die angestammte Bevölkerung vertreiben. ISK-Chef Gerald Mathis macht dieses Phänomen auch am Bodensee aus. Als negatives Beispiel nennt er Fußach. „Die Gemeinde hat je nach Zählweise mit knapp 20 Kilometern die längste Uferlinie am österreichischen Bodensee.“ Nur zwischen 3,8 und 7,4 Prozent des Ufers sind für die Bevölkerung zugänglich und gut erreichbar. Man könne das Gebiet an der Schanz und westlich der Rheinvorstreckung noch mitzählen. Es gehört zwar zu Hard, kann emotional aber Fußach zugeordnet werden. „Dann erhöht sich die Bilanz des Uferzugangs auf 23,6 Prozent“, rechnet Mathis vor.
Der Zugang zum See wird vor allem durch Naturschutzflächen sowie Privat- und Vereinshäfen verwehrt. „Die Häfen sind international belegt und die Preise der Liegeplätze und Größe der Boote schaukeln sich in die Höhe.“ Ein weiteres Beispiel sei das FKK-Gelände, das nur einer Gruppe zugänglich sei. Zudem finden sich in Fußach und dem Harder Areal nördlich der alten Ache rund 80.000 Quadratmeter an Feriendomizilen und Zweitwohnsitzen.
Vorbild Hard
Als Positivbeispiel dient Hard. Von der rund 14 Kilometer langen Uferlinie ist der größte Teil der Allgemeinheit zugänglich. Übrig bleiben Bootsliegeplätze, die von der Gemeinde betrieben und vergeben werden. „Man kann von nahezu 100 Prozent Seezugang sprechen“, ist Mathis überzeugt. Kein Grundstück sei verkauft, sondern für die Zukunft gesichert.
Anders sieht es in Lochau aus. „Freigewordene Flächen am See und mit Seesicht sind von der Kommune nicht gesichert worden.“ Nachdem der Versuch, eine Privatuniversität anzusiedeln, scheiterte, sind auf knapp 30.000 Quadratmetern rund 200 Wohnungen entstanden, viele als Zweitwohnsitze oder Investorenwohnungen. „Ähnliche Käufersegmente finden sich auch bei den großdimensionierten Wohnanlagen beim Hotel Kaiserstrand.“ Auch Bregenz wird ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Dass sich das Seestadtareal im Besitz von privaten Investoren befinde, bezeichnet Mathis als verfehlte Bodenpolitik. Die Promenade sei hingegen positiv.
„In Hard kann man hingegen von nahezu 100 Prozent Seezugang sprechen.“
