Corona verschärft Wohnungssituation

4500 gemeinnützige Wohnungen gibt es in Bregenz, Neubau der Südtiroler Siedlung als Lösungsidee.
BREGENZ Als Michael Ritsch noch Landtagsabgeordneter war, hat er sich für leistbares Wohnen starkgemacht. Jetzt als Bürgermeister von Bregenz möchte er gerne den Worten Taten folgen lassen. Was gar nicht so einfach ist, weil Bregenz über keine geeigneten Grundstückreserven mehr verfügt. Der Ausweg: verdichtetes Bauen.
4500 gemeinnützige Wohnungen
„In keiner Vorarlberger Stadt gibt es so viele sozialverträgliche Wohnungen wie in Bregenz“, betont die Bregenzer Wohnungsstadträtin Dr. Annette Frisch. „4500“, ergänzt Michael Ritsch und betont, dass 66 Gemeinden im Land weniger Einwohner haben als die Siedlung an der Ach in Bregenz. Die große Wohnbauoffensive in Bregenz begann unter Bürgermeister Fritz Mayer in den 1970er-Jahren. Damals gab es noch eine Siedlung am Rand des Parkplatzes West, die Dampfmühle gleich daneben, die „Schweizer-Häuser“ in der Klostergasse. Mit dem Bau der Siedlung an der Ach erhielten die Bewohner dieser Quartiere zeitgemäße Wohnungen.
700 Bürger vorgemerkt
Im Wohnungsamt der Stadt sind heute rund 700 Menschen vorgemerkt, die eine Wohnung suchen, etwa die Hälfte davon wird als dringlich eingestuft. „Die Stadt selbst besitzt, ausgenommen einige Notwohnungen, keine eigenen Wohnungen, die sie vermieten könnte. Die zu vergebenden Wohnungen gehören den Wohnbauträgern wie Vogewosi, „Alpenländische“ oder Wohnbauselbsthilfe, die sie dann vermieten, wobei die Zahl der Bewerber jene der zu vergebenden Wohnungen bei Weitem übersteigt.
Auswahl nach Punktesystem
„Die Auswahl erfolgt nach einem transparenten Punktesystem nach strengen Kriterien“ ergänzt Ritsch. „Mit Vorschwindeln oder ‚Vitamin B‘ geht da gar nichts!“ Für besonders dringende, nicht vorhersehbare Fälle, etwa nach einem Wohnungsbrand, gibt es die bereits vorhin erwähnten Notwohnungen.
Nicht alle Fälle sind aber so dringend, wie man vermuten könnte. Gegen die Siedlung an der Ach gibt es leider nach wie vor Vorurteile. „Die zuletzt errichteten Blöcke Richtung Reitstall sind wirklich kein Aushängeschild mehr, und wir sind mit der Vogewosi in Kontakt, um hier Besserung zu schaffen“, zeigt Annette Fritsch Verständnis. „Ein Problem ist die große Nachfrage nach Vierzimmer-Wohnungen von kinderreichen Familien vor allem aus Tschetschenien. Diese Wohnungen finden man eben nur dort. Heuer konnten wir erst zwei Vierzimmer-Wohnungen vergeben. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Bei der Vergabe der Wohnungen wird auch auf eine gute soziale Durchmischung geachtet. Aber nicht immer gelingt das auch so, wie wir es uns wünschen.“
Südtiroler Siedlung
Ein weiteres Problem sind die in die Jahre gekommenen Wohnungen in der Südtiroler Siedlung. In früheren Jahren waren diese wegen der niedrigen Mieten sehr begehrt. Das hat sich aber inzwischen geändert: „Die Wohnungen sind hellhörig. Die älter gewordenen Mieterinnen hören ihr eigenes Fernsehprogramm oft schlechter als ihre Nachbarn. Das birgt Konfliktpotenzial. Dazu kommt, dass junge Leute auch nicht mehr bereit sind, zwei Stockwerke zu Fuß mit Kohlekübeln hochzusteigen, um ihre Wohnung zu beheizen“, weiß Annette Fritsch.
Verdichtet und höher gebaut
Gerade diese Wohnblöcke sind aber auch Hoffnungsträger für die Zukunft. „Sie könnten durch zeitgemäße Neubauten ersetzt werden. Verdichtet und höher gebaut, könnten dort in Zukunft doppelt so viele Menschen leben wie heute“, so der Bregenzer Bürgermeister Ritsch.
Wohnungen im Feldmoos
Aus der Not eine Tugend macht die Vogewosi im Feldmoos. Die Häuser dort wurden auf instabilem Untergrund errichtet. Durch den Klimawandel zogen sich die Gletscher im Laufe der Zeit aus dem Rheintal zurück, wo einst das Eis den Boden bedeckte, entstand so Bauland.
Im Feldmoos entstehen in verdichteter Bauweise neue Wohnblöcke. Die noch in Planung befindliche Anlage am Brachsenweg, in Verbindung mit einem Sozialzentrum, ist ein Neubauvorhaben der Vogewosi in Bregenz.
Dabei sieht die Wohnungsstadträtin Fritsch in nächster Zeit größere Probleme auf den Wohnungsmarkt zukommen: „Zu Beginn der Coronakrise wurden Mieten gestundet. Diese Mieten müssen jetzt aber mit vier Prozent Zinsen nachgezahlt werden. Viele Menschen sind aber nach wie vor arbeitslos oder in Kurzarbeit. Auch die Wohnbaugenossenschaften sind gesetzlich verpflichtet, die Schulden einzutreiben oder die Mieter zu kündigen, wobei sie bemüht sind, Teilzahlungslösungen zu finden. Hier sind Land und Bund gefordert, helfend einzugreifen, um die Situation abzufedern.“ Fst


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